Berg-Ge(he)n

Jahresrückblick 2022

Die Morgensonne erreicht den Langkofel

Die Wintermonate mit ihren langen, dunklen Abenden laden jedes Jahr auf’s Neue zu einem Rückblick ein. Ich habe mir Anfang des Jahres natürlich einiges vorgenommen, wie so häufig kam es dann aber doch ganz anders. Zwar ist der eine oder andere Gipfel weiterhin unerledigt, andererseits gab es für mich so viele schöne Bergmomente in diesem Jahr. Wie schön, dass nicht alles durchzuplanen ist!

Erster Tag im Jahr, erste Tour!

Gleich der erste Tag des neuen Jahres 2022 hat wunderbares Bergwetter im Gepäck. Die Schneelage ist noch recht übersichtlich, so dass wir mit dem Hohen Kranzberg ein einfaches, dennoch sehr schönes Tagesziel mit viel Panorama ins Visier nehmen können. Könnte es einen schöneren Start ins Bergjahr geben?

Morgenstimmung auf dem Weg zum ersten Gipfel des Jahres
Morgenstimmung auf dem Weg zum ersten Gipfel des Jahres

Zwei Wochen später ist es knackig kalt geworden – und der Winter hat endgültig Einzug gehalten. Ich nutze einen freien Mittwoch für eine Wintertour auf die Rotwand. Ohne große Erwartungen gestartet finde ich dort nicht nur viel Schnee, sondern auch eine wunderbare Ruhe und grandiose Ausblicke. Ich komme aus dem Genießen kaum heraus. Ich nehme mir ganz fest vor, solche Touren zukünftig öfters zu gehen.

Das winterliche Panorama der Rotwand lohnt die Mühen des Aufstiegs
Das winterliche Panorama der Rotwand lohnt die Mühen des Aufstiegs

Langlaufen!

Dieser Vorsatz ist schnell wieder vergessen. Denn gute zwei Wochen später stehe ich bei einem zweitägigen Langlaufkurs in Bayrischzell erstmals auf Skiern. So wackelig ich auf den beiden viel zu schmalen Latten stehe, so viel Spaß macht es mir: ich will mehr davon! Ein paar Tage später habe ich viel Glück und erstehe im Sporthaus meines Vertrauens trotz fast vollständig leerer Lager meine erste eigene Langlaufausrüstung. Es klingt unglaublich: fünf Wochen später, Mitte März, befinde ich mich nach drei Trainingstouren dann bereits in meinem ersten Langlaufurlaub in der Leutasch. Es macht mir so viel Spaß – bereits während der Rückfahrt freue ich mich auf den nächsten Winter!

Sieht doch ganz entspannt aus, oder?
Sieht doch ganz entspannt aus, oder?

Schöne kurze Touren im März

Dank einer mehrwöchigen Pause vor einem beruflichen Wechsel habe ich im März viel Zeit. Und das trifft sich sehr gut, denn der überzeugt in diesem Jahr mit schlicht perfektem Wetter: es ist beständig warm und sonnig, der Schnee ist in den Bergen zwar noch vorhanden, aber eindeutig bereits auf dem Rückzug. Die Gelegenheit ist günstig – und ich unternehme zahlreiche schöne Touren im heimischen Mangfallgebirge. Dabei erreiche ich viele mir längst wohlbekannte Gipfel, wie Bodenschneid, Wank, Wallberg oder Lacherspitze. Auf der Baumgartenschneid bin ich sogar schon zum achten Mal. Wenigstens ist es mein erster winterlicher Besuch dort!

Ordentlich Schnee im Anstieg zur Gindelalmschneid
Ordentlich Schnee im Anstieg zur Gindelalmschneid

Mit dem Besuch der Hochalm zwischen Achenpass und Lenggries schafft es aber immerhin noch ein für mich neuer Gipfel in die Tourenstatistik für den März. Als Überschreitung angelegt, erreiche ich den höchsten Punkt von der Südseite aus ohne größere Probleme. Der folgende Abstieg auf der Nordseite stellt sich aber als unerwartet steil und abschnittsweise vereist heraus. Nur Dank meiner Grödel komme ich an diesem Tag hier sicher herunter. Die fehlende Ortskenntnis macht sich bei winterlichen Touren im Zweifel dann doch negativ bemerkbar.

Der Winter ist auf dem Weg zur Hochalm schon im Rückzug begriffen
Der Winter ist auf dem Weg zur Hochalm schon im Rückzug begriffen

Schöne lange Touren im Sommer

Nach den unerwartet tourenreichen Wintermonaten dauert es einige Wochen, bis das Wetter wieder zu Bergtouren einlädt. Die erste längere Tour führt mich im Bayerischen Wald über die Acht Tausender. Auch wenn sich die Sonne kaum blicken lässt, macht diese technisch sehr leichte Streckenwanderung Lust auf mehr!

Das Wetter soll im Bayerischen Wald auch schon mal schöner gewesen sein!?
Das Wetter soll im Bayerischen Wald auch schon mal schöner gewesen sein!?

Erste Trainingstouren in höheren Gefilden

Deshalb bin ich froh, dass ab Juni wieder der Bergsteigerbus in Richtung Eng fährt. Gleich bei der ersten Fahrt des Jahres bin ich dabei und statte dem Vorderskopf einen Besuch ab. Eine Woche später komplettiere ich meine Gipfelsammlung im auf der anderen Talseite befindlichen Grasbergkamm mit dem empfehlenswerten Schönalmjoch. Wie schon so häufig gefällt mir besonders der Blick über das wunderbare Johannestal zur Karwendel-Hauptkette – hier werde ich mich so schnell nicht satt sehen können.

Schöne Aussichten von der Schönalm hinüber zum Johannestal
Schöne Aussichten von der Schönalm hinüber zum Johannestal

Der Besuch der Ruchenköpfe stand schon lange auf meiner Wunschliste – und im Juni hat es geklappt. Der Gipfel ist eigentlich den Kletterern vorbehalten, aber über deren eher unbekannten Abstiegsweg kann ich auch ganz ohne Seil und Haken den höchsten Punkt erreichen. Sicherlich zählt diese Besteigung der Ruchenköpfe zu meinen persönlichen Höhepunkten des Jahres: endlich kann ich einen der höchsten Gipfel des Mangfallgebirges als erledigt abhaken!

Auf den letzten Metern zum Gipfel der Ruchenköpfe
Auf den letzten Metern zum Gipfel der Ruchenköpfe

Es werden mehr Höhenmeter

Mit jeder Trainingstour wird meine Fitness besser. So gehe ich Anfang Juli zum zweiten Mal die Überschreitung des westlichen Teils des Zahmen Kaisers an. Die etwas mehr als 1.000 Höhenmeter aus dem Inntal bis zur Naunspitze sind schnell absolviert – und danach fängt die Tour erst so richtig an. Bis zur Pyramidenspitze und der Vorderen Kesselschneid zieht es ganz schön, aber ich halte durch. Nach 23 km, 1.800 Höhenmetern und 8 Stunden Gehzeit freue ich mich über den wohlverdienten Döner am Bahnhof in Kufstein. Was für eine geniale Tour!

Der Zahme Kaiser zeigt sich von seiner schönsten, bequemen Seite
Der Zahme Kaiser zeigt sich von seiner schönsten, bequemen Seite

Ende August steigere ich dieses Pensum noch einmal. Nachdem die eigentlich geplante Besteigung der Zugspitze über den Stopselzieher kurzfristig nicht klappt, durchquere ich reichlich spontan die Wendelsteingruppe von Nord nach Süd. Dabei erreiche ich mit den nördlich vorgelagerten Gipfeln auch einige mir bislang unbekannte Ziele. Die Fitness stimmt, der Sommerurlaub kann kommen.

Die Gipfel der Wendelsteingruppe sind nicht hoch, aber durchaus besuchenswert
Die Gipfel der Wendelsteingruppe sind nicht hoch, aber durchaus besuchenswert

Zwei Wochen Urlaub in Italien: Ligurien und Südtirol

In den letzten Jahren habe ich fast ausschließlich Urlaub in den Bergen verbracht. Dieses Jahr wird es also Zeit, ein wenig Abwechslung einzubringen: eine Woche Bergurlaub im Grödnertal folgt auf eine Woche in den Cinque Terre. Ich bin gespannt und freue mich auf’s Meer!

An solchen Ausblicken kann ich mich in den Cinque Terre kaum satt sehen!
An solchen Ausblicken kann ich mich in den Cinque Terre kaum satt sehen!

Cinque Terre

Nach der langen Anfahrt bis ans Ligurische Meer erwartet uns eine überaus sonnige Woche in Manarola. Schnell stelle ich fest: die Höhendifferenzen sind kaum der Rede wert und ich gut in Form. Dennoch erinnere ich mich nicht, auf kurzen Distanzen jemals so geschwitzt zu haben! Besonders bei der kurzen Wanderung nach Rio Maggiore wird’s so richtig steil und knackig. Zur Erholung fahren wir mit dem Schiff zurück nach Manarola – und genießen die frische Meeresbrise!

Rückblick nach Rio Maggiore
Rückblick nach Rio Maggiore

Am nächsten Tag machen wir uns auf den Weg nach Vernazza. Wir wählen zunächst einen einsamen Steig und erfreuen uns an der Idylle. Als wir in Volastra auf den Hauptwanderweg treffen, ist es mit der Ruhe allerdings vorbei: zahlreiche Touristengruppen haben heute alle das Gleiche vor. Auch die Hornissen kurz vor Corniglia sind davon genervt, so dass insbesondere ich ein paar schmerzhafte Andenken an diesen Tag mitnehme. Wenig überraschend will mir Corniglia auch nicht so recht gefallen. Schöner ist es dann in Vernazza, in dem wir uns – Dank unseres Puzzles aus dem letzten Winter – perfekt auskennen!

Vernazza - ein wohlbekannter Blick, den kaum ein Besucher verpassen möchte
Vernazza – ein wohlbekannter Blick, den kaum ein Besucher verpassen möchte

Die folgenden Tage sind etwas unbeständiger vorhergesagt. Wir unternehmen also einen Ausflug nach Genua, liegen viel auf der riesigen und sonnenverwöhnten Terrasse unserer Ferienwohnung und genießen die beste Focaccia der Welt im A Pie de Campu am Ortsrand von Manarola. Und schneller als gedacht geht eine schöne Urlaubswoche vorbei …

Ein absoluter Klassiker: Manarola in der sommerlichen Abendsonne
Ein absoluter Klassiker: Manarola in der sommerlichen Abendsonne

Grödnertal

Die Fahrt nach Südtirol dauert zwar nur ein paar Stunden, bringt aber auch einige Veränderungen mit sich. Nicht nur die Landschaft ist natürlich eine andere geworden, auch die Temperaturen kommen uns unbekannt vor. Auch wenn es objektiv gar nicht so kalt ist, fühlt es sich nach einer Woche Sommersonne am Mittelmeer in Wolkenstein schlicht und einfach frisch an.

Die Nachmittagssonne setzt die Marmolata in Szene
Die Nachmittagssonne setzt die Marmolata in Szene

Gipfelziele

Zunächst haben wir im Grödnertal mit dem Wetter viel Glück. Zwar fallen auf der ersten Tour zur Seceda beim Zwischenstopp an der Regensburger Hütte ein paar Tropfen Regen, aber schon am nächsten Tag erwischen wir auf dem Weg zum Piz Boè traumhaftes Wetter. Die Aussicht vom höchsten Punkt des Sellamassivs ist erwartungsgemäß grandios: von der Ortlergruppe bis zum Großglockner sind unzählige Gipfel gestochen scharf zu erkennen. Aber warum in die Ferne schweifen, wenn die Gipfel der zum Greifen nahen Fanesgruppe Erinnerungen an den letzten Urlaub im Gadertal wecken?

Die Fanesgruppe erscheint vom Piz Boè als kompaktes Massiv
Die Fanesgruppe erscheint vom Piz Boè als kompaktes Massiv

Auch am folgenden Tag ist das Wetter noch einmal überragend. Und so machen wir uns auf den Weg zur Stevia. Dieser interessant geformte Berg erhebt sich gleich hinter unserer Wolkensteiner Ferienwohnung und bietet eine bei Einheimischen wie Touristen beliebte Einkehrmöglichkeit. Den weiteren Weg zum Col dala Pieres nehmen dann jedoch nur noch wenige in Angriff. Ich spurte vergleichsweise schnell zum Gipfel hinauf, den ich 2013 schon einmal bestiegen habe. Damals war die Aussicht Dank zäher Wolken bestenfalls geringfügig – heute habe ich mehr Glück. Kalt ist es im Wind trotzdem, die Sonne an der günstig gelegenen Stevia-Hütte aber umso wärmender.

Vom Col dala Pieres wirken die Geisler gar nicht so wuchtig, oder?
Vom Col dala Pieres wirken die Geisler gar nicht so wuchtig, oder?

Gemütliche Ausflüge

Die weiteren Urlaubstage in Südtirol versprechen bestenfalls mäßiges Wetter. Wir lassen die Berge also Berge sein und machen stattdessen lieber kleinere Ausflüge. An einem Tag fahren wir nach Klausen genießen die überraschend sommerlichen Temperaturen im Eisacktal. Der Anstieg zum altehrwürdigen Kloster Säben fällt deshalb etwas schweißtreibender als gedacht aus. Eine drohender Regenschauer beschleunigt den folgenden Abstieg deutlich, mit den ersten Regentropfen kommen wir am Parkplatz an.

Der Anstieg zum Kloster Säben ist gar nicht so ohne in der Mittagssonne
Der Anstieg zum Kloster Säben ist gar nicht so ohne in der Mittagssonne

Warme Temperaturen gibt es auch einen Tag später in Bozen. Nach einem Bummel durch die Lauben entscheiden wir uns spontan für die Seilbahnfahrt auf den Ritten. Seitdem ich hier als Kind einige Wochen verbringen durfte, zieht es mich immer wieder dort hinauf. Die Rittner Bahn steht auch schon zur Abfahrt bereit und wir spazieren von Lichtenstern zurück nach Oberbozen. Dabei bleibt genügend Zeit für lange zurückliegende Erinnerungen!

Zugkreuzung der Rittner Bahn in Lichtenstern
Zugkreuzung der Rittner Bahn in Lichtenstern

Viel zu schnell geht auch diese zweite Urlaubswoche vorbei. Die Temperaturen sinken allerdings beständig, so dass wir auch bei einem längeren Urlaub nicht mehr viele Bergtouren hätten unternehmen können: der erste Schnee des Jahres fällt bis in die Hochtäler.

Rosszähne und Roterdspitze zeigen sich an unserem Abreisetag verschneit
Rosszähne und Roterdspitze zeigen sich an unserem Abreisetag verschneit

Saisonausklang im späten Herbst

Nach dem so ereignisreichen wie schönen Sommerurlaub dauert es lange, bis das Wetter endlich erneut zu Bergtouren einlädt. Erst ab Mitte Oktober bin ich wieder unterwegs. Schon sehr herbstlich zeigt sich der Kufsteiner Stadtberg, als ich ihn auf einer langen Tour über den Gamskogel und den Kreuzbichl umrunde. An der Steinbergalm schafft es die Sonne bis kurz vor der Mittagsstunde nicht mehr über den Wilden Kaiser: der Sommer ist eindeutig vorbei …

Jenseits der Steinlingalm zeigt sich der Zahme Kaiser
Jenseits der Steinlingalm zeigt sich der Zahme Kaiser

Besonders in Erinnerung geblieben ist mir die Geburtstagstour zum Roßstein. Die Sonne scheint den ganzen Tag, die Temperaturen erinnern an den Sommer und der späte Start ist dem Anlass angemessen. Einziger Wermutstropfen auf dieser schönen Tour: die Wunderkerzen auf dem Stück Bananenkuchen brennen in der dünnen Höhenluft der Bayerischen Voralpen nicht so richtig!

Es ist nicht mehr weit zum Geburtstagskuchen!
Es ist nicht mehr weit zum Geburtstagskuchen!

Und weil die Wetterlage noch einige Tage stabil bleibt, lasse ich mit der Hochries und der Sonnenspitze noch zwei weitere Touren folgen. Aber damit ist die Saison noch nicht zu Ende: Mitte November ergibt sich glücklicherweise noch eine Gelegenheit für eine späte Tour! Zwar war ich schon einige Male auf dem Rabenkopf, von Kochel aus aber noch nie. Rein zufälligerweise liegen mit Kaltwasserwand, Bergelskopf und Feuereck ein paar einsame Gipfelchen zum Einsammeln auf diesem Weg: ein schöner Saisonabschluss!

Jochberg und Grasberg, gesehen von der einsamen Kaltwasserwand
Jochberg und Grasberg, gesehen von der einsamen Kaltwasserwand

Mein Bergjahr 2022 in Zahlen

  • Bergtage: 30
    • davon Feierabend- und Sonnenuntergangstouren: leider keine
  • Gipfel: 60
    • 1 Dreitausender
    • 6 Zweitausender
    • 53 Eintausender
  • Höchster Gipfel: Piz Boè, 3152 m
  • Häufigster Initialbuchstabe der Gipfelnamen: H wie z. B. Hochsalwand oder Hocheck
  • Höhenmeter: im Aufstieg ca. 29.300, im Abstieg ca. 29.500
  • Zurückgelegte Distanz: ca. 448 km
  • Besuchte Hütten: 10, jedoch erstmals seit vielen Jahren keine Mehrtagestour

Fazit

Das Jahr 2022 hatte einiges zu bieten: mit dem Langlauf eine neue Sportart, Dank des kurzen Winters einen ganz besonders frühen Start in die Bergsaison und natürlich mit zahlreichen Gipfeln im Bayerischen Wald auch noch eine für mich ganz neue Bergregion! Ein wenig kurz gekommen sind die zahlreichen schönen Gipfelziele im Werdenfelser Land, im westlichen Karwendel sowie im Außerfern. Nachdem die Bahnstrecke in Richtung Garmisch-Partenkirchen nach dem Eisenbahnunglück im Juni aber nun endlich wieder freigegeben ist, kann ich hier im nächsten Jahr hoffentlich erneut aus dem Vollen schöpfen. Besonders gut gefallen hat mir, dass ich fast das gesamte Jahr über in den Bergen unterwegs sein konnte. Das gab’s in den Vorjahren noch nicht – und möchte ich natürlich gerne zukünftig beibehalten!

Wie war Dein Bergjahr? Wo warst Du in diesem Jahr unterwegs, was waren Deine Highlights? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

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