Berg-Ge(he)n

Ein früher Besuch auf der Bodenschneid

Nur noch wenige Meter sind's bis zum Gipfelkreuz der Bodenschneid

Nach der lohnenden Tour auf die Rotwand im Januar folgen zunächst ein Langlaufkurs und erste Erfahrungen auf den langen, schmalen Brettern. Erst im März ergibt sich die nächste Gelegenheit für spätwinterliche Touren in den Bayerischen Voralpen. Auch für heute ist wieder einmal sehr gutes Wetter vorhergesagt, die Schneelage ist zudem überschaubar. Die Bedingungen sind also perfekt für eine Tour ohne Schneeschuhe auf die Bodenschneid!

Skizirkus an den Firstalmen

Ein großer Vorteil von Touren während der Arbeitswoche ist, dass die Züge angenehm leer sind. Auch ein später, Bayernticket-freundlicher Start um 9 Uhr bringt dabei keinerlei Problem mit sich. Neben ein paar studierenden Skifahrern, die offenbar nach Bayrischzell fahren, sind die meisten anderen Fahrgäste meist weit über 70 Jahre alt. Noch kommen mir diese Gruppen befremdlich vor. Schließlich bin ich ja auch noch viel zu jung, auch wenn mir meine reichlich kurze berufliche Auszeit einen Vorgeschmack bietet. Eines steht jedenfalls für mich bereits seit der kürzlichen Tour zur Rotwand schon fest: wenn ich Rentner sein werde, fahre ich aber sicherlich auch oft und gerne zu einem Spaziergang an den Spitzingsee!

Am Spitzingsattel verlasse ich den Bus und erhöhe so den Altersschnitt der verbleibenden Passagiere deutlich. Der folgende Fußmarsch entlang der engen Straße zur Talstation des Kurvenlifts ist nervig: ein SUV nach dem anderen fährt an mir vorbei. Als ich endlich den Anstieg zur Firstalm auf dem zunächst sogar geräumten Fahrweg beginnen kann, wird es ruhiger. Abgesehen natürlich von der einen oder anderen Seniorengruppe. Ich beginne mich zu fragen, wo sich diese vielen Mitmenschen denn eigentlich am Wochenende verstecken?

Wenn man nicht wüsste, dass da ein See versteckt liegt ...
Wenn man nicht wüsste, dass da ein See versteckt liegt …

An der Unteren Firstalm herrscht bereits ordentlicher Skibetrieb. Immer wieder nutzen Skifahrer die Gegensteigung zur Einkehrmöglichkeit und demonstrieren perfekte Stoppschwünge. Ich bin neidisch – und erinnere mich an meine schmerzhaften Langlauferfahrungen auf steilen Hängen vor einer Woche. Für den Fall, dass ein Skifahrer ähnlich schlecht fahren sollte, halte ich viel Abstand zur Trick-Ski-Piste, die vom Suttenstein hinabführt. Bereits auf halbem Weg wird der Schnee recht weich und tief. Da nutzen auch die Grödel kaum mehr, jetzt wären Schneeschuhe hilfreich. Ich kämpfe mich aber weiter den Hang hinauf. Ziemlich erledigt erreiche ich endlich den Suttenstein und mache erst einmal eine Verschnaufpause. Schöner Ausblick zum Risserkogel inklusive.

Der Risserkogel liegt genau gegenüber des Suttensteins
Der Risserkogel liegt genau gegenüber des Suttensteins

Hör mal, wer da hämmert

Einigermaßen erholt beginne ich den eigentlichen Anstieg zur Bodenschneid. Dieser ist so steil wie eh und je, der Schnee glättet aber den unregelmäßigen Verlauf. Nun bin ich mit meinen Grödeln bestens aufgestellt und freue mich über den guten Halt. Steil bleibt es aber dennoch und so mache ich bald die nächste Verschnaufpause. Erst jetzt fällt mir das Hämmern eines Spechts auf, der ganz in der Nähe am Werk sein muss. Bald scheint er den Standort zu wechseln und etwas oberhalb von mir neben dem Steig zu arbeiten. Ich steige also weiter auf und hole schon mal die Kamera raus.

Da ist er!
Da ist er!

Nach dem ersten Klicken verzieht sich der Specht aber erst einmal auf die Rückseite des Baumes. Ich habe aber mehr Geduld als er – und warte erfolgreich auf seine Rückkehr zur Wegseite. Bald legt der Dreizehenspecht wieder ordentlich los und die Späne fliegen nur so. Dutzende Fotos später reiße ich mich wieder los. Was für eine grandiose Begegnung mit der lokalen Fauna an diesem sonst so überlaufenen Steig!

Die Späne fliegen nur so
Verschnaufpause?

Einsamkeit am Gipfelgrat zur Bodenschneid

Zwar bleiben Tierbeobachtungen in der Folge aus, der Steig bleibt aber ruhig und einsam . Dort, wo sich sonst so viele Gipfelaspiranten gegenseitig auf die Zehen steigen, bleibt es heute still. Besonders schön ist heute der letzte Abschnitt auf dem Weg zum Gipfel: der langgestreckte Grat liegt friedlich in der Sonne, einzelne Wechten erinnern an den noch immer andauernden Bergwinter.

Die Wechten machen aus der Bodenschneid einen fast schon alpinen Gipfel
Die Wechten machen aus der Bodenschneid einen fast schon alpinen Gipfel

Ganz im Gegensatz dazu zeigt sich der Tegernsee schon fast frühlingshaft: schon lange liegt kein Schnee mehr an seinen Ufern und das Blau des Wassers könnte auch im Sommer so aussehen. Die Temperaturen sind recht angenehm, besonders windig ist es auch nicht. Ich werde also ein wenig länger am Gipfel bleiben können.

Der klassische Blick von der Bodenschneid zum Tegernsee: immer wieder auf's Neue schön!
Der klassische Blick von der Bodenschneid zum Tegernsee: immer wieder auf’s Neue schön!

Kurzzeitig bekomme ich am ungewohnt einsamen Gipfel Besuch, die junge Frau macht sich aber schon nach wenigen Minuten wieder an den Abstieg in Richtung Sutten. Ich habe meine Zweifel, wie sie die steile Wiese bewältigen wird – und staune wenig später. Sie riskiert den Sturz erst gar nicht, sondern fährt auf ihren vier Buchstaben direkt ab. Ich bin erst ein wenig skeptisch, aber sie kann’s trotz des nicht optimalen Geländes! Wenig später kommt ein Skitourenpärchen vom Bodenschneidhaus hinauf. Nach einer kurzen Pause erkundigen sie sich nach der Verwechtung des Grats. Ich staune schon wieder, denn die beiden wollen den üblen Hang in Richtung Krettenburg abfahren. Ich beschreibe ihnen eine Lücke in der Verwechtung – und schon sind beide wieder weg. Vom Gipfel der Bodenschneid verfolge ich ihre Abfahrt noch ein wenig. Nicht schlecht, ich hätte mich das wohl kaum getraut!

Auf dem gleichen Weg geht's bald wieder zurück
Auf dem gleichen Weg geht’s bald wieder zurück

Turnschuhtouristen

Irgendwann ist die Brotzeitbox leer und ich mache mich an den Rückweg. Nun begegnen mir auch einige gut ausgerüstete Personen, die im nun deutlich weicheren Schnee aber sichtlich zu kämpfen haben. Ich selbst sinke zwar auch immer wieder tiefer ein, im Abstieg ist das aber nicht ganz so kräftezehrend. Kurz bevor der steile Abstieg zum Suttenstein beginnt, entdecke ich noch eine schöne Fotostelle mit Blick über die Firstalmen.

Der Skizirkus der Firstalmen ist schon gut zu hören!
Der Skizirkus der Firstalmen ist schon gut zu hören!

Ein paar Meter weiter tauche ich wieder in den steilen Bergwald ein. Ohne Grödel wäre der steile, stellenweise vereiste Abstieg sehr schwierig. Mit Grödeln ist es dagegen schon fast ein Vergnügen. Gar nicht entspannt sehen aber zwei Turnschuhgänger aus. Die beiden scheinen sich gerade zu entschließen, den Aufstieg nicht weiter fortsetzen. Auf allen Vieren drehen sie ihre Kriechrichtung um, als ich vorübergehe. Ohne Grip geht hier heute nichts …

Sieht nicht besonders steil aus, oder?
Sieht nicht besonders steil aus, oder?

Der weitere Abstieg zum Spitzingsee ist unspektakulär. Eine Fortsetzung zum Stümpfling ist wegen des Skibetriebs keine gute Idee und die alternative Schlittenfahrt von der Oberen Firstalm zum Spitzingsattel wegen der Langlaufprellung aus der Vorwoche tabu. Das macht jedoch gar nichts: ich habe heute bereits eine sehr schöne Zeit auf der Bodenschneid verbringen dürfen!

Fazit

Unter meinen zahlreichen Besteigungen der Bodenschneid hat mir diese Wintertour besonders gut gefallen. Die geringe Frequentierung sorgte für eine wohltuende Ruhe, die offenbar auch die Tierwelt zu schätzen weiß. Und die Begegnung mit dem Dreizehenspecht war definitiv etwas ganz Besonderes!

Tourendatum: 10. März 2022

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