Berg-Ge(he)n

Zurück auf der Brecherspitze

Es gibt nur wenige Gipfel in den Münchner Hausbergen, auf denen ich auch nur annähernd so häufig gewesen bin wie auf der Brecherspitze. Und dennoch kenne ich nicht alle Wege dort, wie ich erst einige Wochen zuvor bei der Feierabendtour einräumen musste. Heute werde ich daran arbeiten!

Die falsche Kamera im Rucksack

Seitdem ich den Ostgrat der Brecherspitze entdeckt habe, gehe ich sehr gerne über diesen sicherlich schnellsten Weg zum Gipfel hinauf. So auch heute, denn Dank des vormittäglichen Starts möchte ich noch einige neue Fotos von der Steilstufe machen, bevor ich dann im Abstieg nach Neuhaus neue Wege entdecken werde. Als ich aber an Ort und Stelle bin und die Kamera aus dem Rucksack holen werde, stelle ich fest, dass ich die falsche Kamera eingepackt habe: in der großen Fototasche ist noch die alte Sony, deren Akku nicht aufgeladen ist. Es dauert einen Moment, bis ich verstehe, wie das passieren konnte. Bei der Zweitagestour zum Steinfalk hatte ich die neue Kamera in der kleinen Fototasche dabei, denn der dicke Schlafsack nahm im Rucksack zu viel Platz in Anspruch. Blöderweise habe ich heute Morgen im Halbschlaf nicht mehr darauf geachtet … Naja, da kann ich jetzt auch nichts mehr daran ändern. Somit gibt’s heute halt nur Handyfotos in mäßiger Qualität.

Die Steilstufe wird einfacher erklommen, als es denn Anschein hat

Lange ärgere ich mich nicht mehr, denn – trotz aller Routine – ist am Ostgrat immer ein wenig Vorsicht geboten: das Gelände ist des öfteren steil und ein sicherer Tritt durchaus empfehlenswert. Glücklicherweise entspannt sich das Gelände bald wieder und durch die Latschen erreiche ich, wie schon so häufig auf diesem Weg, die Brecherspitze. Hier ist bereits einiges los – für einen Donnerstag sogar überraschend viel. Die allermeisten Besucher des Gipfels sind heute aber tausende von Fliegen, die sich aber praktischerweise nur am höchsten Punkt selbst tummeln: fünf Höhenmeter darunter kann ich einigermaßen ungestört meine Brotzeit genießen. Auch wenn sich immer wieder mal eine Fliege zu mir verirrt.

We call it a Klassiker …

Neue Versicherungen am Westgrat

Gipfel sind immer wieder gut geeignete Plätze, um interessante Gespräche zu führen. Heute fragt eine Dame herum, wie schwierig der Westgrat sei, denn sie traue sich nicht alleine hinüber. Kurzentschlossen biete ich ihr an, sie zum Westgipfel hinüber zu begleiten – geduldig wartet sie auf das Ende meiner Pause und dann geht’s auch schon gemeinsam los. Erwartungsgemäß läuft alles glatt, meine kurzzeitige Begleiterin zeigt sich angemessen trittsicher und ist ganz stolz auf ihre Leistung. Letztlich war für sie alles gar nicht so schlimm wie gedacht, nicht zuletzt auch wegen der neuen Versicherungen: nach ein paar tödlichen Abstürzen in den letzten Jahren hat die zuständige Alpenvereinssektion Zeit und Material in die Hand genommen, um die steileren Passagen kurz vor dem Westgipfel vorbildlich abzusichern. Ob das wirklich notwendig war, ist schwer zu beantworten. Zwar ist das Gelände alles andere als schwierig, aber links und rechts des Grats geht’s halt so steil abwärts, dass dann doch in fast jedem Jahr ein schwerer Bergunfall passiert – bei den vielen Begehungen jedoch auch fast passieren muss. Wie auch immer: wer möchte, kann zukünftig auf dem Weg zur oder von der Brecherspitze ordentlich zupacken.

Die Brecherspitze könnte auch als Pyramide durchgehen

Über die Freudenreichkapelle zur Ankelalm

Den folgenden Wegabschnitt zur Freudenreichkapelle bin ich schon einige Jahre nicht mehr gegangen – und etwas über das viele Auf und Ab erstaunt, an das ich mich schon gar nicht mehr so gut erinnern konnte. Vielleicht gerade deshalb ist die Passage angenehm kurzweilig und schnell erreiche ich die Freudenreichkapelle. Ein dankbares Fotomotiv, wären da nicht die Mitmenschen, die am liebsten direkt auf der Türschwelle der Kapelle Brotzeit machen. Aber mit etwas Geduld bekomme ich dann doch noch das gewünschte Foto …

Endlich freie Bahn für den Fotografen!

Gleich hinter der Kapelle beginnt der für mich unbekannte Steig hinunter zur Ankelalm. Ich bin gespannt, was mich erwarten wird – die Beschilderung klassifiziert den Weg jedenfalls schon mal als schwierig. Aber ich bin ja rund um den Spitzingsee unterwegs, allzu schwierig wird es somit wohl nicht werden. Bald wird das Gelände immerhin etwas anspruchsvoller: über gestufte Felsen steige ich abwärts und darf auch an ein paar Stellen mal die Hand an den Fels zu legen. Jedoch vor allem deshalb, da sich auf dieser nach Norden ausgerichteten Flanke die spätsommerliche Feuchtigkeit hartnäckig hält und die speckigen Steine besonders schön rutschig bleiben. Im Wesentlichen folgt der Steig einer felsigen Rinne, die wenig oberhalb der Ankelalm endet. Dort erreiche ich aber auch schon wieder die Sonne.

Ein Blick auf die Uhr zeigt mir, dass ich nicht zu einer passenden Zeit am Bahnhof in Neuhaus ankommen werden. Ich trödele also gemütlich durch den Wald abwärts – und treffe auf eine arg schnaufende Familie auf ihrem Weg nach oben. Natürlich kommt die standesgemäße Frage, wie weit es denn noch sei. Routiniert stelle ich meine übliche Gegenfrage, wohin es denn gehen soll – und bin nicht wenig überrascht, als die Antwort auf die Josefsthaler Wasserfälle hinausläuft. Tja, das ist wohl dann der falsche Weg. Ich mache ein wenig Werbung für die Einkehrmöglichkeit am Rande der Ankelalm – warte aber den Ausgang der sich nun entfaltenden familieninternen Diskussion über Schuld und Sühne lieber nicht ab.

Und apropos Einkehr: das Cafe am Neuhauser Bahnhof ist übrigens perfekt geeignet, bei einem Stück leckeren Kuchens auf den Zug zu warten. Es könnte mir zukünftig öfters passieren, hier nicht passgenau zur Abfahrt anzukommen!

Fazit

Neun Jahre nach meinem ersten Besuch der Brecherspitze habe ich endlich auch den letzten markierten und beschilderten Steig zum Gipfel begangen. Jetzt bleibt nur noch der alte Anstieg über die Dürrnbachwand übrig, vielleicht ist dieser eine passende Möglichkeit für das Jahr 2022?

Tourendatum: 9. September 2021

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