Der Rechelkopf zählt zu den ersten nennenswerten Erhebungen der Bayerischen Voralpen und ist ein schönes Tourenziel im Frühjahr, wenn in höheren Lagen noch zuviel Schnee liegt. Seine Lage am Ausgang des Isartals führt dazu, dass viele diesen vergleichsweise unbekannten Gipfel vom Sehen kennen. Bestiegen wird er allerdings nur vergleichsweise selten. So auch durch mich, denn die heutige Tour wird mich zum erst zweiten Mal auf den Rechelkopf führen. Und damit sich der vergleichsweise kurze Anstieg auch lohnt, nehme ich bei dieser Gelegenheit gleich ein paar Nebengipfel mit.
Inhalt
Wettrennen mit einem Traktor
Beim Lösen der Fahrkarte an der Donnersberger Brücke muss ich bei knapper Umsteigezeit ein wenig nach einem Fahrkartenautomat Ausschau halten. Mein neues Wissen wird mir aber für die Zukunft wenig bringen, denn heute ist meine letzte Bergtour mit Bus und Bahn, bei der ich eine Fahrkarte kaufen muss. Schließlich gilt ab Mai das Deutschland-Ticket, auf das ich mich sehr freue!
Am Bahnhof Gaißach verlasse ich eine Stunde später den Zug und laufe über Nebenstraßen nach Lehen. Diese übersichtliche Ansammlung von Höfen liegt schon fast am Fuß des dicht bewaldeten Rechelkopfs. Das übersichtliche Warmlaufen geht dann auch schon wenig später zu Ende, der fast überall direkte, fast schon steile Anstieg beginnt. Zu Beginn werde ich von einem langsamen Traktor überholt, darf dann aber vom Fahrweg auf einen parallelen Steig abbiegen. Das bedeutet aber nicht, dass ich den Traktor nicht weiter beobachten darf: viel schneller als ich zu Fuß ist dieser auf dem überaus steilen Fahrweg nämlich nicht. Irgendwann verschwindet der Traktor hinter einer Kurve, akustisch bleibt er aber noch lange Zeit präsent.
Nun in deutlich ruhigerer Atmosphäre steige ich weiter auf. Dennoch bleibt die Riedelwiese genauso steil, wie ich sie in Erinnerung habe – aber ich komme langsam vorwärts. Sobald ich das obere Ende anvisiere, tuckert von links auch wieder der Traktor ins Bild. Letztlich bin ich zu Fuß gleich schnell gewesen, damit kann ich natürlich ganz zufrieden sein!
Endlich wieder Gipfelgefühle
Oberhalb der Riedelwiese sind die steilen Passagen vorbei, nun deutlich flacher steige ich über Fahrwege weiter meinem Ziel entgegen. Erst die letzten Meter hinauf zum Rechelkopf wird’s noch einmal knackiger – und dann kann ich am Gipfelkreuz anschlagen. Nach der langen Winterpause wurde das auch wieder Zeit!
Die besten Plätze sind am Gipfel sind leider schon belegt, aber das Gras ist halbwegs trocken für meine verdiente Gipfelpause. Später wird zwar die beste Sitzgelegenheit frei, aber ich verzichte: die vor zehn Jahren noch ganz passable Aussicht von dort ins Karwendel und hinüber zur Benediktenwand wächst langsam aber sicher zu. Schade!
Sulzkopf und Schwarzköpfl
Nachdem immer mehr Gipfelstürmer am Rechelkopf eintreffen, mache ich mich lieber an den Rückweg. Der Abwechslung halber nehme ich aber nicht den gleichen Weg zurück, sondern erkunde noch zwei weitere Gipfelchen in der Nähe. Ich richte mich auf eine gewisse Einsamkeit ein, als der Einstieg in Richtung Sulzkopf keinerlei Wegspuren aufweist. Das Gefühl dauert allerdings nicht lange, denn ich treffe zuerst auf einen guten Steig – und dann auf immer mehr Menschen!
Aber das macht ja alles nichts, so weiß ich wenigstens, dass ich richtig unterwegs bin. Wenig später erreiche ich auch schon den unscheinbaren Sulzkopf. Dessen Gipfel liegt im Wald, der ostseitige Gipfelaufschwung ist aber recht frei und bietet immerhin ein wenig Ausblick mit ungewohnter Perspektive.
Auf der anderen Seite treffe ich bald auf einen Karrenweg, der mich zurück auf meinen Anstiegsweg bringt. Aber bereits am Rande der Schwaigeralm zweige ich erneut ab und steige weglos hinauf zum nahen Schwarzköpfl. Eine sehr unspektakuläre, einsame Erhebung mitten im Wald, die sich ehrlich gesagt nur für die leidenschaftlichsten Gipfelsammler lohnt.
Abstieg über die Sonntrattn
Nach einem holprigen Abstieg durch Nadelwald erreiche ich wieder zivilisiertes Gelände. Über normale Wege gehe ich hinüber zur Sonntrattn. Diese bekannte Wiese gleich unterhalb des unscheinbaren Schürfenkopfs ist das ganze Jahr über ein mittlerweile sehr beliebtes Ausflugsziel. So auch heute, aber wundersamerweise ist ganz oben noch ein Bankerl für mich frei. Perfekt, so kann ich die strahlende Frühlingssonne besonders bequem genießen!
Gut gestärkt, die Brotzeitbox ist nämlich mittlerweile leer, steige ich nun endgültig ins Isartal ab. Ich freue mich auf die Haglandschaft, deren markante, streng streifenförmige Hecken von den Gipfel einen hohen Wiedererkennungswert bieten. Ein Blick erst auf die Uhr, dann auf den Fahrplan lässt mich dennoch meine Schritte beschleunigen: wenn ich mich ranhalte, erreiche ich den nächsten Zug in Obergries und erspare mir einige Wartezeit. Der verbleibende Weg nach zieht sich allerdings wie Gummi. Immerhin erreiche ich eine Minute vor Abfahrt des Zuges den Haltepunkt. Und während ich noch das Restgeld aus dem Fahrkartenautomaten nehme, fährt bereits auch mein Zug ein. Passt exakt, sagen die Optimisten – so knapp war’s schon lange nicht mehr, die Pessimisten …
Fazit
Die Tour auf den Rechelkopf hat sich nach so langer Zeit mal wieder gewohnt. Sowohl Wegstrecke als auch Höhenmeter waren übersichtlich genug, um einen schönen Saisonstart erleben zu können!
Tourendatum: 22. April 2023
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