Berg-Ge(he)n

Osser

Der Osser bietet durchaus respektable Gipfelgefühle

Bereits vor einigen Wochen habe ich auf meiner Tour über die Acht Tausender vom Schwarzeck hinunter in den Lamen Winkel und zu dem dahinter liegenden Osser-Gipfelpaar sehen können. Schon bei meinem nächsten Besuch in der Oberpfalz ergibt sich die passende Gelegenheit, eine kleine Tour auf diese formschönen, recht gemütlichen Aussichtsberge unternehmen zu können.

Aufstieg über die Osserwiese

Der Osser gehört zu den höheren Gipfeln der Region und liegt auf der bayerisch-böhmischen Grenze. Aber nur fast, denn der Gipfel selbst befindet sich in Bayern und war auch zu Zeiten des Kalten Kriegs zugänglich. Sicherlich war es früher ein kleines Abenteuer, unmittelbar am Grenzzaun vorbei zum Gipfelkreuz hinaufzusteigen. Heute, in den Zeiten offener Grenzen im friedlichen Mitteleuropa, werde ich die Grenze zu Tschechien wohl im Wesentlichen nur noch dadurch bemerken, dass rund um den Gipfel zahlreiche Menschen auch tschechisch sprechen werden.

Die Anfahrt von der Donau bis in den Lamer Winkel fällt kürzer aus als gedacht – trotz relativ späten Starts erreichen wir pünktlich den Parkplatz in Lambach. Zwei, drei Autos stehen schon dort, der Andrang ist mit dem üblichen Ansturm in den Münchner Hausbergen kaum zu vergleichen. Ganz entspannt können wir uns somit auf den Weg machen – viele Menschen werden wir in der nächsten Stunde nicht sehen. Nach ein paar Hundert Metern wähnen wir uns nur kurz auf dem Holzweg – ein Blick auf die Karte zeigt aber, wir sind genau richtig unterwegs.

Tja, und jetzt? Weiter auf dem Holzweg?
Tja, und jetzt? Weiter auf dem Holzweg?

Die Wegevielfalt in der Region ist eher übersichtlich ausgeprägt. Wir folgen lange einem zwar bewusst ausgesuchten, jedoch wenig spannendem Forstweg. Die gleichmäßige Steigung hat aber auch etwas Gutes: wir laufen uns gemütlich warm und anstrengend wird es auch noch nicht besonders.

Die Osserwiese rückt näher, Fauna und Flora werden bereits abwechslungsreicher
Die Osserwiese rückt näher, Fauna und Flora werden bereits abwechslungsreicher

Erst kurz vor der Osserwiese wird das Gelände interessanter – und wir erreichen erste Ausblicke. Da es auch ein schöner Ort für eine Pause ist, suchen wir uns gleich einen passenden Pausenfelsen. Während unserer Brotzeit genießen wir den Blick über den Lamer Winkel. Schön ist’s hier!

Bei der Aussicht schmeckt die Brotzeit gleich noch mal besser!
Bei der Aussicht schmeckt die Brotzeit gleich noch mal besser!

Insektenansturm auf dem Kleinen Osser

Gut gestärkt geht’s rasch weiter zum Kleinen Osser. Der ist schon mehr oder weniger gleich ums Eck: an einem Gleitschirmstartplatz vorbei stehen wir auch schon am Fuß des felsigen Gipfelaufbaus. Wir steigen steil hinauf – und auf den letzten Metern dürfen wir sogar das eine oder andere Mal die Hände an den Felsen legen. Und dann sind wir auch schon oben – aber nicht alleine! Tausende von geflügelten Ameisen waren schon vor uns dort. Sie freuen sich auch erkennbar über Gesellschaft und belagern uns so erfolgreich, dass wir schleunigst den Gipfel wieder verlassen. Hoffentlich wird das am Großen Osser besser werden?!

Zahlreiche Wolken trüben den Ausblick vom Kleinen zum Großen Osser
Zahlreiche Wolken trüben den Ausblick vom Kleinen zum Großen Osser

Der Übergang zwischen den beiden Osser-Gipfeln führt leider einige Meter abwärts und ist ganz schön holprig. Auch im Bayerischen Wald braucht’s Trittsicherheit! An der überraschend auftauchenden Künischen Kapelle ist dieser interessante Steig aber auch schon wieder vorbei. Stattdessen mühen wir uns in der Folge über einen steilen und überaus staubigen Fahrweg in der Mittagssonne hinauf zum Großen Osser.

Endspurt!
Endspurt!

Großer Osser und Pause in Tschechien

Wie auch schon am Kleinen Osser ist der Gipfelaufbau des Großen Ossers sehr felsig. Die Steige hinauf sind zwar schon recht speckig, aber wir haben genügend Grip an den Sohlen, um leicht hinaufzukommen. Viel Platz ist oben nicht, aber dieses Mal müssen wir uns den Gipfel nicht mit Flugameisen teilen. Die Aussicht leidet zwar stark unter den sommerlichen Lichtverhältnissen – aber ich kann meine Route über die Acht Tausender, vom Mühlriegel bis zum Großen Arber, gut nachvollziehen. Passt!

Der Kleine Osser besteht aus einem erstaunlich felsigen Zacken
Der Kleine Osser besteht aus einem erstaunlich felsigen Zacken

Auch am Osserschutzhaus ist nicht allzu viel los und wir finden einen schönen Platz auf der Terrasse. Gleich hinter dem Grenzstein – mein erster Besuch in Tschechien überhaupt! A propos Tschechien: die Speisekarte der Hütte ist genauso zweisprachig wie der größere Teil des Personals. Allerdings ist, abgesehen von ausgedehnten Wäldern, von Tschechien selbst kaum etwas zu sehen. Ich bin jedenfalls auf einen ersten richtigen Besuch dort gespannt: wie wohl die Dörfer und Städtchen aussehen?

Das Osserhaus lockt zu einer Einkehr - durchaus erfolgreich!
Das Osserhaus lockt zu einer Einkehr – durchaus erfolgreich!

Kein Abstecher auf den Grenzkamm

Besonders lange bleiben wir nicht bei Kuchen und Apfelstrudel sitzen: wir sind schließlich noch abends zum Grillen verabredet. Der direkte Weg in Richtung Parkplatz ist ein steiler Fahrweg, der nur wenig Spaß macht. Ich hoffe ein wenig, dass wir auf den Grenzkamm ausweichen können, auf dem laut Karte ein kleiner Steig verlaufen sollte. Der Einsteig ist wenig später zwar leicht zu finden, besonders einladend ist die grüne Wegführung allerdings nicht: ich rechne mit einigen mehr oder weniger zugewachsenen Passagen. Wir verzichten also dankend und setzen auf den deutlich ausgetreteneren Pfaden fort.

Anderswo zur Orientierung, im Bayerischen Wald eher zum Vergnügen?
Anderswo zur Orientierung, im Bayerischen Wald eher zum Vergnügen?

Der restliche Abstieg führt uns meist durch dichten Wald, Ausblicke sind mehr als selten. Immerhin passieren wir den Teufelstritt: in diesem Felsen soll sich ein Fußabdruck des Teufels selbst befinden, nachdem er vom Burgherrn der (vermutlich nicht historischen) Osserburg über’s Ohr gehauen worden ist. Kurioserweise gibt’s gleich zwei Abdrücke, von denen mindestens einer recht neueren Datums zu sein scheint. Nun ja. Ganz abgesehen davon, dass es in jeder Gegend Geschichten gibt, in denen der Teufel unterliegt, aber niemals die handelnden Menschen den Kürzeren ziehen. Sehr einseitig und irgendwie verwunderlich. Deutlich handfester ist dagegen wenig später eine Wildtierkamera, die überraschend nahe zum Weg aufgestellt worden ist. Das finde ich doch gleich viel spannender!

Zur Dokumentation von Luchsen, Wölfen - und neugierigen Touristen?
Zur Dokumentation von Luchsen, Wölfen – und neugierigen Touristen?

Zurück am Parkplatz in Lambach ist einiges los und die Feuerwehr hat sogar die Straße gesperrt. Die Lautsprecherdurchsagen, die wir öfters schon im Wald gehört haben, deuten auf ein Event hin. Und tatsächlich: heute findet die 1. Lamer Woid-Reim statt. Was es nicht alles gibt …

Fazit

Die Runde über den Kleinen und Großen Osser war ein schöner Ausflug ins bayerisch-tschechische Grenzgebiet. Fußbeschwerden sind übrigens keine mehr aufgetreten: der Sommerurlaub Anfang September kann kommen! Jenseits dessen bleibt nur zu hoffen, dass ich irgendwann einmal bei bestem Wetter im Bayerischen Wald unterwegs sein werde …

Tourendatum: 24. Juli 2022

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