Nachdem die winterliche Bergpause leider länger als gewöhnlich gedauert hat, war es Mitte Juni endlich soweit: mit dem Villanderer Berg führt mich die ersten Tour des Jahres direkt auf einen ansprechend hohen und dementsprechend aussichtsreichen Gipfel in den Sarntaler Alpen.
Inhalt
In den Tagen vor dem Tourenstart sind einige Hindernisse zu überwinden
Aus gleich zwei Gründen blieb über viele Wochen unklar, ob es mit dem vor vielen Monaten geplanten Kurzurlaub in Südtirol über das Fronleichnamswochenende klappen wird:
Nach meinem Radunfall eine Woche nach Ostern und der damit verbundenen Sprunggelenkfraktur ist einerseits über viele Wochen fraglich, wann ich wieder ohne Orthese laufen darf. Erfreulicherweise ist im Gelenk mittlerweile alles gut verheilt und seit dem 2. Juni darf ich wieder normal laufen. Ein schönes Gefühl, auch wenn ich bei den ersten noch kleinen Trainingsrunden im Englischen Garten schnell merke, dass mir Kondition und Ausdauer nahezu vollständig abhanden gekommen sind. Aber es gibt schlimmeres als eine genussreiche Halbzeitpause im Aumeister!
Auf der anderen Seite sind über viele Wochen die Alltagseinschränkungen auf Grund von Covid-19 in Italien und somit auch in Südtirol besonders tiefgreifend. Seit Ende Mai dürfen aber die ersten Unterkünfte wieder öffnen und auch die Verhaltens- und Abstandsregeln werden nun spürbar gelockert. Wenige Tage vor Abfahrt stellt sich dann sogar heraus, dass zumindest auf der Hinreise sogar ein Tankstopp beim Transit durch Österreich erlaubt ist. Noch eine kurze Rückfrage bei unserer Unterkunft im Haus Alpenblick in Lajen und dann steht endgültig fest: es kann wie geplant losgehen!
Die Tourenauswahl fällt auf den Villanderer Berg
Bereits im Vorfeld habe ich einige Touren rausgesucht, die nicht zu viele Höhenmeter auf möglichst großzügiger Strecke versprechen. Von Lajen relativ gut zu erreichen ist die Villanderer Alm, eine großzügige Hochfläche zwischen Eisack- und Sarntal. Zahlreiche Steige und Wege lassen sich zu variantenreichen Tourenmöglichkeiten verbinden. Nach dem positiven Belastungstest im Überetsch am Vortag nehmen wir uns aber natürlich den Villanderer Berg vor, die höchste Erhebung über der Villanderer Alm.
Die Sonne kommt pünktlich zum Tourenstart raus
Der morgendliche Blick aus dem Fenster ist nicht besonders schön, aber die Wettervorhersage ist gut. Und tatsächlich: als wir auf den Parkplatz einbiegen lösen sich die letzten Wolken über uns auf und die Sonne kommt raus. Nach dem Zahlen des gar nicht so billigen Parktickets brechen wir auf und folgen drei schon etwas älteren Südtirolerinnen, die wir im Laufe des Tages noch öfters sehen werden. Zunächst auf einem Fahrweg, später entlang eines Steigs erreichen wir den Gasteiger Sattel und blicken erstmals ins Sarntal hinab. Zur Linken lockt das nahe Rittner Horn, aber wir bleiben standhaft und machen uns stattdessen auf den weiteren Weg zur Sarner Scharte. Bald zweigt vom Fahrweg wieder ein Steig ab, der insgesamt recht flach durch einen Latschengürtel führt. Leider haben die Regenfälle der vorherigen Tage eine gar nicht so kleine Seenlandschaft erschaffen, die wir aber Dank guter Schuhe trockenen Fußes hinter uns bringen.
Die fehlende Kondition macht sich bald bemerkbar
Der anschließende Anstieg in Richtung Sarner Scharte führt zunächst an einem tollen Wasserfall vorbei. Ich kann natürlich nicht widerstehen und steige über glücklicherweise griffige Platten hinüber: eine gute Gelegenheit, die verschiedenen Einstellungen meiner neuen Kamera auszuprobieren!
Zurück am Weg beginnt der eigentlich harmlose, für mich aber anstrengende Aufstieg auf einen Geländeabsatz. Spätestens hier zeigt sich endgültig, dass der Anstieg in die Scharte auch noch einmal knackig steil sein wird. Also zumindest nach der viel zu langen Bergpause, denn vom Geländeabsatz sind es gerade noch einmal 100 Höhenmeter bis zum kleinen Biwak im Schartl. Von dort geht es mit Seilversicherungen, die wir aber nicht nutzen, weiter hinauf bis zum Gipfelkreuz der Sarner Scharte. Im Windschatten sitzen dort bereits die Südtirolerinnen. Da wir nach ein paar Fotos gleich weitergehen liegen wir in unserem Rennen nun erstmals vorne.
Ungeahnte Einsamkeit am Villanderer Berg
Von der Sarner Scharte aus können wir bereits zum Villanderer Berg hinüberschauen: erwartungsgemäß machen wir dort auch einige Besucher aus. Sobald wir aber den nahen und geringfügig höheren Gipfel erreichen, ist dort nicht mehr viel los: ein Pärchen packt gerade seine Brotzeitreste wieder ein und verabschiedet sich mit einem herzlichen Pfiat Enk. Ungestört machen wir Pause und machen Fotos vom umfassenden Panorama. Als besonders praktisch stellt sich dabei ein Fernglas mit anmontierten Gipfelanzeiger heraus. Allerdings liegen die weiter entfernten Gebirgsgruppen um uns herum größtenteils in den Wolken. Trotzdem können wir uns nur zu gut vorstellen, wie umfassend die Aussicht von diesem zentral in Südtirol gelegenen Gipfel bei gutem Wetter sein muss!
Abstieg zum Totenkirchl
Während wir unsere Brotzeit genießen, erreichen auch die Südtirolerinnen den Gipfel. Wir kommen ins Gespräch, erfahren allerhand über ihre Bergerlebnisse während der Covid-19-Beschränkungen und dass sie auch über das Totenkirchl absteigen werden. Wir lassen ihnen etwas Vorsprung und packen in aller Ruhe zusammen. Der Abstieg führt uns über weite Hänge und ist zunächst überaus gemütlich. Erst ab dem Abzweig zum Totenkirchl fordert der Steig ein wenig Trittsicherheit, führt uns aber rasch hinunter zum Totensee. Dort haben es sich die Südtirolerinnen bereits auf der am besten platzierten Holzliege bequem gemacht. Aber auch wir finden eine freie Liege und genießen für eine halbe Stunde die Nachmittagssonne, bevor wir das nächste Wegstück unter die Füße nehmen. Ohne größere Höhenunterschiede erreichen wir das Totenkirchl, das genau auf der Kammlinie zwischen Eisack- und Sarntal liegt.
Rückweg zum Parkplatz
Bevor wir endgültig den Abstieg zum Ausgangspunkt antreten, steigen wir noch den Totenrücken hinauf. Entlang diesen Höhenrückens genießen wir noch einmal die Aussicht in die Täler. Ein bequemer, aber langer Fahrweg führt uns schließlich zurück auf die Villanderer Alm. Vorbei an zahllosen Almhütten erreichen wir die Einkehrmöglichkeit Mair in Plun mit ihrer perfekt in der Nachmittagssonne gelegenen Terrasse. Auf dieser sitzen – wer hätte es gedacht? – bereits die uns mittlerweile schon wohlvertrauten Südtirolerinnen.
Nach der wohlverdienten Einkehr schlendern wir gut erholt weiter abwärts. Ein schöner Fußweg parallel zum mittlerweile dann doch sehr monotonen Fahrweg bringt dabei die dringend nötige Abwechslung. Wenige Gehminuten später erreichen wir an der Gasserhütte die Straße und einen riesigen, mangels Touristen jedoch völlig leeren und deplatziert wirkenden Parkplatz. Leider gibt es keine alternativen Weg zurück zu unserem eigenen Parkplatz, aber nach der schönen Bergtour sind wir gelassen genug, diese letzten Meter auch auf Asphalt zurückzulegen.
Fazit
Die Rundtour über den Villanderer Berg ist eine lohnende, insgesamt nur wenig fordernde Bergwanderung. Besonders schön ist dabei der Wegabschnitt zwischen Gasteiger Sattel und Sarner Scharte sowie am Totensee vorbei. Überragend und in dieser Form durchaus selten ist der freie Rundumblick vom Gipfel des Villanderer Bergs, der bei guter Sicht einen Großteil der Südtiroler Bergwelt umfasst. Beim Abstieg, der vom Totenkirchl auch abgekürzt werden kann, finden sich immer wieder Einkehrmöglichkeiten, die den abwechslungsreichen Bergtag kulinarisch abrunden.
Tourendatum: 12. Juni 2020
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