Berg-Ge(he)n

Rückblick auf die Bergsteiger-Fototage 2020

Seit einigen Jahren veranstaltet die Zeitschrift „Bergsteiger“ die gleichnamigen Fototage. Mit viel Fachexpertise bieten die Profis Heinz Zak und Wolfgang Ehn einmal im Jahr Einblicke in ihre tägliche Arbeit – und haben den einen oder anderen individuellen Tipp immer parat!

Die Organisation wird nicht nur von Covid-19 erschwert

Zur Zeit der Ausschreibung der nächstjährigen Bergsteiger-Fototage im Herbst 2019 ist von einer möglichen Pandemie natürlich nichts zu ahnen. Ich melde mich frühzeitig für die Fototage im Ötztal an und freue mich auf ein paar entspannte Tage in einem Mittelklassehotel in Hochgurgl. Als im Frühjahr dann allerdings die Einschränkungen auf Grund von Covid-19 zunehmen, schmilzt mein Optimismus wie der Schnee in der Frühlingssonne. Glücklicherweise werden Schritt für Schritt die Einschränkungen in Tirol immer weiter aufgehoben. Allerdings wird nicht jedes Hotel im Ötztal seinen Betrieb wieder unmittelbar aufnehmen – unsere geplante Unterkunft gehört leider dazu. Das Organisationsteam schafft es aber, im benachbarten Obergurgl eine hochklassige Alternative aufzutun. Sicherlich kein leichtes Unterfangen für so eine große Gruppe!

Zwei Wochen vor den Fototagen steht dann aber fest: nach einem größeren Felssturz wird Obergurgl noch lange Zeit nur über das Timmelsjoch erreichbar sein. Die Fototage finden zwar statt, aber anstatt im Talschluss werden wir das Hotel Rita in Längenfeld als Stützpunkt nutzen. Die neue Unterkunft ist grandios und alles andere als billig, aber wir zahlen Dank des Verhandlungsgeschicks und der Hartnäckigkeit von Wolfgang nur die Hälfte des regulären Preises.

Kennenlernen der anderen Teilnehmer

Nach dem Einchecken im Hotel wird’s bald spannend: die Teilnehmer des Kurses treffen sich an der Hotelbar. Dank des vorzüglichen Wetters verlagert sich das Kennenlernen rasch auf die großzügige Hotelterrasse. Die Teilnehmer stammen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum und dem Altersbereich zwischen 25 und 75. Während einige Teilnehmer den Fotokurs von wohlwollenden Partnern geschenkt bekommen haben, sind andere wiederum Stammgäste. Eines haben sie aber alle gemeinsam, denn mit wem auch immer ich spreche: alle geben sich sehr bedeckt in Bezug auf ihre fotografischen Ambitionen. In den nächsten Tagen wird sich aber immer wieder das Gegenteil zeigen!

Schwarzsee und Schwarzkogl

Der erste Kurstag beginnt gleich mit einer Verzögerung. Das (vermeintliche) Aufbruchsignal wird ausgerechnet von meiner Fahrgemeinschaft falsch interpretiert: während wir abfahrbereit auf das nicht vorfahrende Auto von Wolfgang warten, warten alle anderen Teilnehmer auf uns. Die folgende zwischenzeitliche Verstimmung löst sich aber Dank der guten Bedingungen rasch auf. Nach der Anfahrt über die Gletscherstraße starten wir von einem Parkplatz unweit des Rettenbachferners wieder gänzlich unbelastet in Richtung Schwarzsee. Aufgeteilt in zwei Gruppen versuchen wir uns an den ersten Fotos vom See. Dieser taut gerade auf und bietet zahlreiche schöne Motive.

Der Schwarzkoglsee taut gerade auf

Gegen Mittag steigen wir weiter auf zum Schwarzkogl, der eine schönes Panorama insbesondere zur Wildspitze bietet. Bevor diese aber zigtausendfach auf die Speicherkarten gebannt wird, finden wir schöne Blumenpolster, die zu zahlreichen Versuchen einladen.

Ein wenig mehr Tiefenschärfe wäre wünschenswert

Neben zahlreichen schönen Motiven gibt es aber auch eine kleine Schrecksekunde: ein Teilnehmer stolpert im felsigen Gelände, landet aber glücklicherweise ohne Verletzungen auf seiner gut gepolsterten, am Bauch getragenen Fototasche.

Die Wildspitze ist das meistfotografierte Motiv des Tages

Dank der allseitigen Fotoleidenschaft vergisst das Organisationsteam die rechtzeitige Rückkehr zum Parkplatz einzuleiten. Während die Begleitpersonen sich ab 14:00 am Parkplatz die Beine in den Bauch stehen, beginnen wir den Abstieg vom Gipfel erst viel später. Da sich somit das geplante Nachmittagsprogramm faktisch erübrigt hat, statten wir dem Schwarzsee einen erneuten Besuch ab und erreichen den Parkplatz erst gegen 18:00.

Gaislachkogel

Nach der Verzögerung vom ersten Tag ist die Lernkurve am Folgetag steil: alle sind pünktlich am Treffpunkt, das Aufbruchsignal wird erst nach dem Durchzählen gegeben und überaus pünktlich erreichen wir Sölden. Zum ersten Mal können wir bei der Seilbahnfahrt auf den Gaislachkogel die Ötztal Card Premium nutzen, die im Hotelpreis kostenfrei enthalten ist: leichter sind die 40 € für die Berg- und Talfahrt nicht zu sparen! An der Mittelstation gibt uns Musik aus James Bond-Filmen einen Vorgeschmack auf den Gipfel: die James Bond-Erlebniswelt bietet Einblicke in die Dreharbeiten zu Spectre, für die auch das Gipfelrestaurant am Gaislachkogel genutzt worden ist. Wir lassen jedoch sowohl Restaurant als auch Erlebniswelt rechts liegen und widmen uns wieder den Kameras. Die heutigen Motive sind Morgenstimmungen jenseits des Timmelsjochs, Einblicke ins Venter Tal sowie Flechten und Blumenpolster. Als gegen Mittag ein Adler in großer Höhe über den Gipfel fliegt, sind die Teilnehmer mit den zweifelsohne sehr teuren lichtstarken Teleobjektiven eindeutig in Vorteil: da hat sich die Schlepperei wenigstens gelohnt!

Jenseits des herzförmigen Sees ist das Venter Tal erahnbar

Die Wettervorhersage bewahrheitet sich und am frühen Nachmittag wird die Bewölkung dichter. Wir verzichten auf den geplanten Abstecher zu einem unterhalb des Gipfels gelegenen Sees und fahren stattdessen mit der Bergbahn wieder ins Tal. In den schon gut eingespielten Fahrgemeinschaften geht es anschließend weiter nach Vent. Sobald wir auf den Parkplatz an den Rofenhöfen rollen, fallen aber schon die ersten Tropfen eines ersten kräftigen Schauers. Trotz unserer großen Gruppe finden wir noch einen Platz im Gasthof, in dem wir bei einer Einkehr den Regen genussreich abwarten. Ein anschließender Spaziergang ins Tal führt uns zu einem Wassserfall nahe des Wegs und einer Blumenwiese. Die nur noch sporadisch scheinende Sonne lässt die nachmittägliche Bildausbeute aber spärlich ausfallen.

Ein Hauswurz klammert sich an einen steilen Fels im Rofental

Fotobesprechungen am Regentag

Der Samstag bringt vor allem eines, nämlich viel Regen. Wir nutzen die Zeit und schauen im Längenfelder Gemeindehaus einige Stunden lang die mitgebrachten Fotos der Teilnehmer an. Wolfgang und Heinz kommentieren und geben hilfreiche Tipps. Als einer der ersten stellt Andreas Parteli seine Fotos und auch ein Zeitraffervideo vor – und setzt gleich Maßstäbe, die in der Folge nicht mehr erreicht werden.

Beeindruckende Zeitrafferaufnahmen von Andreas Parteli

Meine eigenen Fotos werden von Heinz durchaus kritisch kommentiert. Oft ist ihm das Wetter zu schön und der Anteil blauen Himmels eindeutig zu hoch. Verbesserungspotential gibt es für mich also mehr als genug, auch wenn das eine oder andere Foto dann doch noch im akzeptablen Bereich zu liegen scheint.

Erleichterung bei Heinz Zak: endlich kein strahlend blauer Himmel!

Am späten Nachmittag sind dann alle Aufnahmen betrachtet und passenderweise kommt die Sonne langsam raus. Wenige Autominuten später steigen wir am Parkplatz in Gries im Sulztal wieder aus. Sonne ist dort allerdings keine, stattdessen drücken Regenwolken immer wieder leichte Schauer durch das kleine Seitental. Die Motivation fällt bei den meisten überaus gering aus und etwas Erleichterung macht sich breit, als Heinz die Fotosession bald abbricht.

Regenwetter im Sulztal

Windachtal

Am letzten Kurstag brechen wir morgens zur Abwechslung wieder früh auf: von Sölden wird uns Dank der Ötztal Card kostenfrei ein Wandertaxi ins Windachtal bringen. Beim Einsteigen warnt uns der Fahrer freundlicherweise vor seiner „zügigen Fahrweise“, weist aber gleich im nächsten Satz darauf hin, dass er die Strecke seit mehr als 10 Jahren fahre und wir keine Angst zu haben brauchen. Das zunächst allseitige Schmunzeln weicht schon nach den ersten Kurven aus den Gesichtern und auf der rechten Seite des Busses schaut wenig später auch niemand mehr aus dem Fenster. Nach dem wilden Ritt ins Windachtal dürfen wir aber nahe Fiegl’s Hütte den Kleinbus wohlbehalten verlassen.

Momentaufnahme an der Windache

Bei der anschließenden Wanderung ins wunderschöne Windachtal sinken Blutdruck und Puls rasch wieder. Gemütlich erreichen wir immer wieder interessante Stationen, an denen wir das in den letzten Tagen Erlernte vertiefen. Wie auch zuvor lässt sich Heinz immer wieder unsere Fotos zeigen und hat als Perfektionist natürlich fast immer Verbesserungsvorschläge.

Einsamer Hauswurz

Nach der gestrigen Anregung von Heinz probiere ich tatsächlich, meine Bildaufteilung zu verändern und den Anteil des blauen Himmels zu reduzieren. Gelegentlich ist er zufrieden und ich gelobe, auch nach dem Kursende darauf zu achten und meinen Stil zu überdenken.

Ungewohnt: wenig blauer Himmel

Fazit

Mir ist im Bergsteiger-Fotokurs bewusst geworden, dass es zwei mögliche Zugänge zur Bergfotografie gibt: während die einen leidenschaftlich fotografieren und dabei insbesondere Spaß an Bergmotiven haben, brechen andere mit der gleichen Leidenschaft zu Bergtouren auf und fotografieren dabei gerne. So verschieden diese Ansätze sind, so unterschiedlich ist auch das fotografische Ergebnis.

Für mich wird auch weiterhin das Bergerlebnis und die Touren im Vordergrund stehen. Das bedeutet auch, dass meine Bergfotos oft nicht die Qualität erreichen werden, die andere aus dem Ärmel zu schütteln scheinen: mehrere Stunden auf die perfekte Lichtstimmung zu warten lässt sich während ambitionierter Bergtouren kaum realisieren.

Dennoch habe ich viel lernen dürfen: nicht nur von Wolfgang und Heinz, sondern auch von den anderen Teilnehmern. Mit vielen neuen Ideen im Gepäck freue ich mich auf meine nächsten Bergtouren und die dabei entstehenden Fotos!

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