Berg-Ge(he)n

Höhenberg

Blick vom Kleinen Paradies zum Großen und Kleinen Laber

Der Höhenberg ist gar nicht so hoch, wie sein Name vermuten lässt. Eigentlich handelt es sich dabei auch eher um einen bescheidenen Höhenrücken, der das Loisachtal zwischen Oberau und Eschenlohe spürbar verengt. Viele Münchner kennen sicherlich den Höhenberg, denn an seinen nördlichen Ausläufern endet (noch) die Autobahn in Richtung Garmisch-Partenkirchen. Also ist der Höhenberg mehr Hindernis als Tourenziel? Ein schöner Wintertag ist natürlich der richtige Anlass, dieser Frage einmal nachzugehen!

Heldenkreuz

Kurz nach Weihnachten zeigt sich wieder einmal der Winter von seiner schönsten Seite. Davon bekommt Oberau aber kaum etwas mit, denn die Sonne schafft es erst gegen Mittag, über das Estergebirge in den kleinen Ort im Loisachtal zu scheinen. Als ich gegen 10 Uhr morgens den Zug in Oberau verlasse, ist es somit noch kalt und irritierend schattig. Ich gehe also zügig los (Juristen würden wohl sagen: ohne schuldhaftes Zögern), um möglichst schnell die wärmende Sonne zu erreichen. Das gelingt mir erst oberhalb des Freibads, aber ab jetzt sind die Bedingungen ganz angenehm!

Endlich gibt's Sonnenstrahlen für mich!
Endlich gibt’s Sonnenstrahlen für mich!

Wenige Minuten später wechsele ich dann auch schon vom breiten Forstweg auf den kleinen Steig, der hinauf zum Heldenkreuz führt. Obwohl dieser schöne Aussichtspunkt bereits in der Sonne liegt, bin ich weiterhin alleine unterwegs. Macht aber nichts, denn so genieße ich die Aussicht ganz ungestört. Auffällig sind weiterhin die starken Kontraste zwischen dem schattigen Loisachtal und den strahlenden Gipfeln. Das menschliche Auge schafft das ganz prima, die Kamera kommt da schon etwas an ihre Grenzen.

Das Heldenkreuz liegt längst in der Sonne, Oberau weiterhin im Schatten
Das Heldenkreuz liegt längst in der Sonne, Oberau weiterhin im Schatten

Auf dem Weg ins Paradies

Erich Kästner motivierte einst seine Epigramme mit dem Sinnspruch eines Tiroler Marterls:

Es ist nicht weit
zur Ewigkeit!
Um acht ging Martin fort,
um zehn Uhr war er dort.

Erich Kästner, „Kurz und bündig. Epigramme“

Ob die Oberauer das auch so sehen, bleibt mangels Begegnungen mit eben diesen jedoch ungewiss. Jedenfalls ist es bis zum lokalen Paradies nicht mehr weit, das möglicherweise als Ersatz für die Ewigkeit dienen könnte. Bevor ich es aber bis dahin geschafft haben werde, steht mit dem Loisachblick noch einmal ein Aussichtspunkt eine Zwischenstation an. Zumindest dieser Name ist Programm und verspricht nicht zuviel: ich blicke vom gemütlichen Bankerl über das Loisachtal und die angrenzenden Flanken des Estergebirges. Ich nutze die Gelegenheit für ein zweites Frühstück, und dann geht’s auch endlich weiter ins Paradies!

Winterliche Lichtverhältnisse über dem Loisachtal
Winterliche Lichtverhältnisse über dem Loisachtal

Vom Loisachblick weicht der Steig etwas in die Flanke aus, kehrt dann aber durch wunderschöne Laubwälder zurück auf die Kammhöhe. Die wird bald schmaler, als es vom Tal aus zu erahnen wäre. Linkerhand gähnen bald die Abgründe, zur rechten geht es steil durch Bergwald hinab. Bei trockenen Bedingungen wie heute ist das kein Problem, bei Nässe oder Schneeglätte sollte man hier wohl etwas Vorsicht walten lassen, um nicht ins ewige Paradies abzugleiten.

Auf dem Weg ins Paradies
Auf dem Weg ins Paradies

Wenige Minuten später stehe ich dann am (glücklicherweise irdischen) Kleinen Paradies, mit dem ein schöner Platz bezeichnet ist. Die Sicht hinüber zum Ettaler Mandl, dem Großen und Kleinen Laber und über das westliche Murnauer Moos ist ganz prima und auch ansonsten handelt es sich um eine aussichtsreiche Pausengelegenheit über erwähnten Abbrüchen. Ein echter Geheimtipp!

Sogar eine kleine Hinweistafel weist auf das Kleine Paradies hin!
Sogar eine kleine Hinweistafel weist auf das Kleine Paradies hin!

Einsamer Abstieg

Den höchsten Punkt des Höhenbergs habe ich mit dem Kleinen Paradies noch nicht ganz erreicht. Dennoch sind diese letzten Aufstiegsmeter mehr als unspektakulär und der Gipfel ist weitgehend zugewachsen. Aber ich will mich nicht beschweren, die bisherigen Aussichtspunkte waren trotz ihrer geringen Höhe den Aufstieg wert!

Unspektakulär gibt sich der Höhenberg an seinem höchsten Punkt
Unspektakulär gibt sich der Höhenberg an seinem höchsten Punkt

Der Abstieg bietet noch einmal ein Schmankerl: ein kleiner, baumloser Absatz ermöglicht einen schönen Blick hinüber zum Osterfeuerkopf und dem Ohlstädter Hirschberg. Wenn ich nicht gerade eben erst Pause gemacht hätte, würde ich mich hier für das eine oder andere Stündchen in die Sonne legen!

Ungestörte, ungewöhnliche Perspektive zu den westlichen Walchenseebergen
Ungestörte, ungewöhnliche Perspektive zu den westlichen Walchenseebergen

Weiterhin bin ich in völliger Einsamkeit unterwegs und werde bis Eschenlohe auch niemanden mehr treffen. Um meinen Zielort zu erreichen, muss ich allerdings einen Umweg in Kauf nehmen: beim Bau der A 95 vor 50 Jahren wurde genau beim heutigen Autobahnende eine Schneise in den Berg gelegt und auf eine Brücke verzichtet. Ich kann also nicht gemütlich über den Vestbichl absteigen, sondern folge asphaltierten Straßen um den Hügelausläufer herum und unter der Autobahn hindurch. Naja, das ist wohl ein unwürdiges Ende einer überraschend einsamen und schönen Wintertour!

Wie (fast) immer nichts los in Eschenlohe
Wie (fast) immer nichts los in Eschenlohe

Fazit

Der Höhenberg entpuppte sich als wunderbare Halbtagestour – und steht nicht nur einfach so im Weg herum. Gerade für die kurzen Wintertage geht diese abwechslungsreiche und einsame Überschreitung locker als Geheimtipp durch. Aber pssst – nicht weiterverraten!

Tourendatum: 27. Dezember 2023

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