Berg-Ge(he)n

Auf den höchsten Münchner Berg

Die meisten Münchner kennen den höchsten Berg ihrer Stadt ebenso wenig wie auswärtige Gäste: der oft vermutete Olympiaberg ist zwar im Stadtbild sehr markant, aber nicht die höchste Erhebung Münchens. Dieser Titel gebührt dem so unbekannt wie unauffälligen Warnberg im äußersten Süden des Stadtgebiets!

Von der Idee zur Umsetzung

Schon vor etwa zwei Jahren habe ich zum ersten Mal den Warnberg im Rahmen eines Spaziergangs besucht – und bald wieder vergessen. Erst bei einer Tour im Februar von Oberschleißheim nach Dachau erinnere ich mich wieder an Münchens höchsten Gipfel, denn ich passiere mit dem Schwarzhölzl die niedrigsten Gebiete im Münchner Stadtgebiet. Die spontane Idee, beide Münchner Extrempunkte in einer einzigen Tour zu verbinden, lässt sich mich bis zum Dachauer Bahnhof nicht mehr los. Endlich zuhause angekommen werfe ich einen ersten Blick in die Karten und probiere einige Ideen im Routenplaner aus. Rasch beschließe ich, die zuvor noch favorisierte Variante entlang der Isar zu verwerfen: zwar ist die eigentliche Stadtquerung am Flußufer besonders bequem, der Weg im Norden zur Isar aber sehr weit. Es sind eindeutig zu viele unnötige Kilometer!

Die beiden anderen Wegvarianten sehen da schon besser aus, jedoch scheint wie so häufig in urbanen Gebieten ein Kompromiss zwischen Weglänge und Fußgängerfreundlichkeit unumgänglich zu sein: zwar bietet die westliche Route über Nymphenburg und Laim eine vergleichsweise direkte Verbindung, führt aber durch dicht besiedelte Stadtteile mit hohem Straßenanteil und über zahlreiche lästige ampelgeregelte Kreuzungen. Deutlich mehr überzeugt mich die zentrale Variante, die auf Kosten zusätzlicher Wegstrecke zahlreiche innenstadtnahe Grünflächen einbindet. Einige voraussichtlich weniger spannende Abschnitte, vor allem in Solln, sind zwar weiterhin dabei – aber mehr ist wohl kaum rauszuholen!

Die Routenplanung ist die eine, die konkrete Durchführung eine andere Sache: das Märzwetter lässt mich zunächst im Stich, so dass einige Wochen ins Land ziehen. Aber für den letzten Sonntag im März ist gutes Wetter angekündigt: nicht zu warm, nicht zu kalt, viel Sonne. Die Detailplanung geht gut los, denn mit meiner früheren Kollegin Susanne finde ich eine begeisterte Mitgeherin, die sich auch von der Stadtdurchquerung nicht abschrecken lässt. Ein paar kleinere ungünstige Details lassen sich zudem beheben: den an Sonntagen nicht verkehrenden Bus zum Ausgangspunkt ersetzen wir durch einen zusätzlichen Fußmarsch von Dachau, auch zu den baustellenbedingten Einschränkungen entlang der S-Bahn-Stammstrecke finden wir eine passende Alternative. Nur die Zeitumstellung bleibt an diesem Morgen etwas lästig – der Wecker klingelt dann doch sehr früh …

Mit guter Laune und Corona-Abstand geht’s am Mückensee endlich los (Quelle: Susanne P.)

Schwarzhölzlberg

Von der letzten Bushaltestelle im Osten Dachaus machen wir uns auf den Weg. Der Dachauer Zubringer zur B 471 ist langweilig, aber wenigstens ist so früh am Morgen nicht viel Verkehr. Am eigentlichen Ausgangspunkt, beim Obergrashof, verlassen wir die Bundesstraße und beginnen den Weg zur Münchner Stadtgrenze durch das schon lange trockengelegte Östliche Dachauer Moos. Schon nach kurzer Zeit passieren wir den Mückensee und stehen ein paar Dutzend Meter weiter am Moosgraben. Das kaum wahrnehmbare Gefälle sorgt für ein äußerst gemächliches Fließtempo des Wassers: wir stehen näherungsweise am nördlichsten und tiefsten Punkt Münchens auf ca. 480 m Höhe.

Der Frühling zeigt sich am Moosgraben und dem Schwarzhölzl noch nicht

Wir überqueren den Moosgraben und erreichen durch das Naturschutzgebiet Schwarzhölzl den Fuß des Schwarzhölzlbergs. Dieser wurde aus dem Aushub der Regattastrecke aufgeschüttet – und passt gar nicht recht in die ansonsten gleichförmig ebene Landschaft. Trotzdem kommt er nicht ungelegen, denn von seinem Gipfel lässt sich das nähere Umland gut überblicken. Nach ein paar Fotos und einem Blick zur im Dunst auftauchenden Zugspitze machen wir uns aber schon wieder an den kurzen Abstieg.

Die erhöhte Perspektive ermöglicht einen Blick über das Schwarzhölzl

Je näher wir uns Feldmoching nähern, desto mehr morgendliche Sonntagsspaziergänger tauchen auf. Aber noch ist die Gegend sehr ländlich geprägt, zahlreiche Felder finden sich neben den ersten Siedlungen. Am Fasaneriesee sind die ersten 10 Kilometer, fast ein Drittel der Tour, bereits absolviert – Zeit für eine erste kurze Rast am Seeufer!

Die Sonne hat sich am Fasaneriesee noch nicht durchgesetzt

Olympiaberg

Bereits nach wenigen Minuten gehen wir weiter und erreichen mit dem Lerchenauer See bereits das nächste vermeintliche Highlight – leider ist dieser See nicht besonders schön: an seinem Nordufer stehen einige kleinere Hochhäuser und das Westufer scheint vollkommen betoniert zu sein. Dennoch lassen wir uns zu sehr ablenken und verpassen den geplanten Abzweig. Das bemerken wir aber erst am Südufer des Sees – zurückzugehen kommt aber nicht in Frage. Wir improvisieren etwas, erreichen bald wieder den geplanten Weg und unterqueren den Güterring. Auf der anderen Seite sind wir endgültig in München angekommen: die Triebstraße am Rand des Oberwiesenfelds ist die erste mehrspurige Straße, die wir auf gleicher Höhe kreuzen müssen. Wenige Meter weiter liegt mit dem längst aufgelassenen Olympiabahnhof ein kleiner Geheimtipp, dem wir einen kurzen Besuch abstatten.

Die alte Trasse zum Olympiabahnhof wurde für den Transrapid freigehalten

Vom alten Bahnhof ist es natürlich nicht weit zum Olympiagelände, in dessen Mitte der Olympiaberg unser nächstes Etappenziel ist. Wieder steigen wir steil auf diese weitere künstliche Erhebung hinauf. Inmitten der zahlreichen Ausflügler fallen wir mit unseren Rucksäcken und der darin enthaltenen Brotzeit durchaus auf. Wir lassen uns aber natürlich nicht stören und genießen die Mittagspause auf dem sicherlich bekanntesten Münchner Berg. Bevor wir uns auf die zweite Tourenhälfte machen, treffen wir noch einen gemeinsamen Bekannten, der zusammen mit seinen Kindern im Olympiapark das schöne Frühlingswetter genießt – und sich nach der Verabschiedung beim Abstieg über die Wiesen eine schmerzhafte Bänderdehnung zuziehen wird. Aber das werden wir erst am nächsten Tag erfahren …

Mittagspause mit viel Sonne und klassischer Aussicht vom Olympiaberg

Obwohl wir bereits einen großen Teil des Weges in die Stadtmitte absolviert haben, waren die Wege bisher sehr fußgängerfreundlich. Auf dem nächsten Abschnitt wird sich das jedoch ändern, wir merken in der Folge sehr, dass wir durch eine große Stadt laufen. Die Ampeln sind ungewohnt und sorgen für unangenehme Gehpausen. Auf der anderen Seite kennen wir uns nun gut aus und müssen nicht ständig auf die Handys schauen, um den geplanten Weg nicht zu verlieren. Vorbei an der neu gebauten Schwabinger Feuerwache, der Fachhochschule und dem Finanzamt erreichen wir schließlich die Hackerbrücke. Ein wichtiger Zwischenstopp, denn am dortigen Zentralen Omnibusbahnhof gibt es eine auch während der Coronazeiten geöffnete öffentliche Toilette!

Gerade nichts los am Hauptbahnhof

Warnberg

Nur ein paar Gehminuten von der Hackerbrücke entfernt passieren wir bereits die Theresienwiese und die Bavaria. Das Wegenetz am Bavariapark vorbei über die zahlreichen Bahngleise ist vorbildlich angelegt: ohne weitere Berührung des Straßenverkehrs erreichen wir den östlichen Eingang des Westparks. Als wir dort ankommen scheint gerade die beste Zeit für einen Sonntagsspaziergang zu sein: der Park quillt von sonnenhungrigen Münchnern geradezu über!

Im Westpark ist der Frühling bereits angekommen

Nach der vollständigen Querung des Westparks erreichen wir Wohngebiete. Dort wird es zum ersten mal an diesem Tag zäh, denn die Straßen scheinen alle gleich auszusehen: es gibt nur mehr wenig Abwechslung. Jenseits der Garmisch-Partenkirchener Autobahn machen wir noch eine letzte Rast im kaum besuchenswerten Südpark, die kurze Erholungspause tut gut. Mit neuem Schwung bleibt das Obersendlinger Gewerbegebiet rasch zurück, die anschließenden endlosen Straßenzüge in Richtung der Parkstadt Solln hatte ich mir im Vorfeld jedoch schöner vorgestellt. Zwar sieht hier jedes Haus ein wenig anders aus, die Gegend wirkt aber wie ausgestorben. Obwohl es ein sehr schöner Nachmittag ist, begegnen wir kaum Menschen. Sobald wir die Herterichstraße überqueren, beginnt der kaum der Rede werte, aber durchaus spürbare Anstieg zum Warnberg. Wir erreichen einen ersten kleinen Tümpel – und verlassen wenige Momente später zum ersten Mal seit vielen Stunden das geschlossene Münchner Siedlungsgebiet. Über freies Gelände steigen wir kaum mehr an und gelangen zum Warnberger Weiher – Münchens höchstgelegenes Gewässer.

Die Nachmittagssonne leuchtet den Warnberger Weiher schön aus

Von dort können wir bereits das weitläufige Gut Warnberg erkennen, auf dessen Gelände sich der höchste Münchner Punkt befindet. Genauer gesagt im Garten der privaten Realschule. Da das Schulgelände nicht öffentlich zugänglich ist, begnügen wir uns mit einem Blick über den Zaun. Der Burgstall einer einstiegen, mittelalterlichen Turmhügelburg ist bestenfalls zu erahnen: zahlreiche Laubbäume bewachsen die runde, ohne Zweifel künstliche Aufschüttung. Weder Schild noch Tafel weisen auf Münchens höchste Erhebung (580 m) hin – ein echter Geheimtipp!

Nach vielen, vielen Kilometern Anlauf erreichen wir endlich den höchsten Punkt

Der folgende Abstieg nach Pullach ist nur eine Sache von wenigen Minuten: vorbei an einem Fußballplatz erreichen wir den kaum niedrigeren Ortsrand von Pullach und entlang einer letzten langen Straße erreichen wir den dortigen S-Bahn-Halt. Hinter uns schließen sich die Schranken des soeben passierten Bahnübergangs – kaum erreichen wir den Bahnsteig fährt auch bereits die S-Bahn in Richtung München ein. Endlich ein paar Minuten sitzen …

Fazit

Zugegeben: die Idee der Durchquerung Münchens vom niedrigsten zum höchsten Punkt war natürlich etwas verrückt – aber hat sich gelohnt, die sagenhaften 100 Höhenmeter zu bewältigen. Trotz der weiten Wegstrecke war es ein wunderschöner Tag und die Wegführung entlang der Parks und Grünflächen hat sich bewährt. Und ganz nebenbei habe ich zahlreiche für mich neue Ecken Münchens kennenlernen dürfen!

Tourendatum: 28. März 2021

2 Kommentare

    1. Hallo Daniela,
      eine gute Frage! Immerhin hat der Warnberg nur 580,5 m, der Perlacher Mugl bringt’s, wie Du richtigerweise schreibst, sogar auf grandiose 587 m über dem Meer. Dennoch bleibt der Warnberg die höchste Münchner Erhebung, denn der Perlacher Mugl liegt nicht in München, sondern kurz hinter der Stadtgrenze in gemeindefreiem Gebiet. Einen weiteren Unterschied gibt’s auch noch: während der Warnberg eine natürliche Erhebung ist, existert der Perlacher Mugl erst seit etwas mehr als 50 Jahre. Genaueres zur Geschichte findet sich übrigens in einem lesenswerten Artikel der Süddeutschen Zeitung.

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