Nach dem anstrengenden Vortag starte ich gut erholt von der Lizumer Hütte zur nächsten Etappe. Bin ich gestern längs der Bergkämme gegangen, sind heute zwei Kämme zu queren. Die damit verbundenen langen Auf- und Abstiege sind allerdings nicht gerade mein Lieblingsgelände. Immerhin liegt mit dem Geier ein lohnender Gipfel direkt am Weg!
Inhalt
Gemütlicher Aufstieg in den Pluderlingsattel
Als mich morgens der Wecker weckt, ist es draußen schon hell. Meine Beine fühlen sich zwar noch etwas müde an, kommen aber auf dem Weg zum Frühstücksbuffet in Schwung. Ich greife ordentlich zu und lege eine kohlehydratreiche Grundlage für den dritten Tourentag. Die Wegstrecke zum Tuxer Joch ist zwar nicht besonders lang, aber wieder einmal stehen zahlreiche Höhenmeter auf der Agenda.
Als ich aufbreche, liegt die Lizumer Hütte noch im Schatten der Bergkämme. Es wird heute noch ein wenig dauern, bis die Sonne herauskommt: immer wieder ziehen Wolkenfelder durch. Die Temperaturen steigen somit auch nur langsam, was mir im langen, aber nicht besonders steilen Anstieg in den Pluderlingsattel entgegen kommt.
Unterwegs überhole ich Theresa und Svenja, die ebenfalls auf dem Weg zum Tuxer-Joch-Haus sind. Die beiden haben größeres vor – und wollen Anfang Oktober am Gardasee sein. Im Pluderlingsattel verabschieden wir uns, für Gipfelabstecher sind die beiden nicht zu begeistern: bis zum Gardasee ist’s noch weit, da wollen beide lieber mit den Kräften haushalten.
Ein Besuch beim Geier
Der Tiefblick vom weiten Sattel zum direkt darunter liegenden Junssee ist ein bekanntes Fotomotiv. Allerdings nicht heute: die Sonne kann sich gegen die vielen Wolken nicht wirklich durchsetzen. Ich folge zunächst dem Kammverlauf nach links. Nach wenigen Minuten stehe ich auf dem unscheinbaren Pluderling, dem ersten Gipfel des Tages.
Nach der Rückkehr in den Sattel steige ich auf der anderen Seite gleich wieder an. Teilweise sind die Wolken recht dicht, aber der Steig ist gut markiert. Wenig später erreiche ich bereits den höchsten Punkt des Geiers. Das Gipfelplateau ist überraschend weitläufig, wird aber nicht von einem Gipfelkreuz geschmückt: kurioserweise wurde hier ein Geier aufgestellt!
Das Gipfelpanorama könnte umfassend sein – wären da nicht immer wieder Wolken im Weg. Hin und wieder sind aber schöne Ausblicke in alle Richtungen möglich. Halt nur niemals zur gleichen Zeit.
Überraschend schnell im Gschützspitzsattel
Nach einer Brotzeit mache ich mich an den Absteig. Vom Pluderlingsattel folge ich den Markierungen über ein Schuttfeld hinab zum Junssee. Ich nutze eine Wolkenlücke für ein Foto, bevor ich weiter in Richtung Gschützspitzsattel weitergehe.
Über weite Wiesen komme ich überraschend schnell voran. Am Fuß des Gschützspitzsattels habe ich Gelegenheit, den Aufstieg etwas genauer anzuschauen. Und der scheint’s in sich zu haben, denn im oberen Teil sieht’s verdächtig nach rutschigem Schutt aus. Aber es hilft nichts, da geht’s hinauf. Nur wenig optimistisch beginne ich den Anstieg – und bin bald sehr positiv überrascht, wie schnell ich vorwärts komme. Auch die letzten sehr rutschigen Passagen sind rasch bewältigt.
Glück im Tuxer-Joch-Haus
Der Abstieg vom Gschützspitzsattel ins Weitental ist ganz schön lang und zieht sich gewaltig: in fast schon übertrieben weiten Kehren geht es immerhin angenehm flach den steilen Hang hinunter. Der Einfluss des nahen Tourismushotspots Hintertux lässt sich kaum leugnen. Im unteren Abschnitt des Hangs zeigt sich aber ein wirklich schöner Wasserfall. Ich hoffe auf eine Wolkenlücke, werde aber enttäuscht.
Durch das Weitental steige ich mal wieder aufwärts, in Richtung Tuxer Joch. Die Namensgebung könnte kaum besser gewählt sein: das Tal ist weit und lang, der Anstieg dauert und dauert. Zahlreiche Ausflügler kommen mir dabei entgegen. Die sehen recht entspannt aus, vermutlich sind sie mit der Seilbahn auf den Berg gefahren und laufen nun ohne Anstrengung nach Hintertux hinab.
Ziemlich geschafft erreiche ich schließlich das Tuxer-Joch-Haus. Es ist recht frisch geworden, die Sonne kam zuletzt kaum mehr raus. Aber im Wintergarten der Hütte ist’s angenehm warm. Nach einem ersten erholsamen Spezi kommt dann der Moment der Wahrheit: Abstieg nach Hintertux oder ist doch noch ein Platz freigeworden? Ich habe Glück, es hat jemand abgesagt! Anstelle des langen Abstiegs nach Hintertux kann ich es mir jetzt auf der Hütte bequem machen. Ein Halbpensionsangebot gibt’s auch, sehr schön!
Spiele, aber kein Strom
Bis zum Abendessen dauert’s noch ein wenig. Ich unterhalte mich viel mit Svenja und Theresa. Die beiden kommen ursprünglich aus Olpe, also ganz aus der Nähe meines Heimatorts. Zwar versorgen sie den Nachmittag über ihre dort noch lebende Verwandtschaft mit Fotos vom nun schon ganz nahen Olperer, für den nächsten Tag haben sie aber für mich überraschenderweise nicht den Weg über Friesenbergscharte zur Olperer Hütte gewählt. Stattdessen werden die beiden den Olperer auf der Westseite passieren. Die Geraer Hütte wird somit ihr nächstes Etappenziel auf dem Weg zum Gardasee sein.
Der anschließende Kartenspielabend wird nur durch das Abendessen unterbrochen. Das bleibt allerdings unter der Erwartung. Vielleicht bin ich aber auch von den wirklich hervorragenden Menüs der Vortage zu sehr verwöhnt? Kulinarisch fällt das Tuxer-Joch-Haus gegenüber Glungezer und Lizumer Hütte jedenfalls deutlich ab. Reichlich Steckdosen wie auf den beiden anderen Hütten gibt’s leider auch nicht. Blöderweise hat zudem meine kleine Powerbank ihren Geist aufgegeben. Ab jetzt heißt’s: Strom sparen!
Tourendatum: 10. September 2020
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