Der letzte Urlaubstag bringt noch einmal allerbestes Bergwetter. Nach zwei Wochen voller schöner Bergtouren rund um das Gadertal werde ich heute noch einmal alle Kräfte mobilisieren: die Tour von Pederü über das Antoniusjoch zurück nach St. Vigil sieht bereits auf der Karte lang und anstrengend aus.
Inhalt
Gemütlicher Aufstieg zur höchsten Brauerei Europas
Der Bus kommt genauso leer wie pünktlich, in St. Vigil steigen aber noch zahlreiche Urlauber zu. In Pederü ist es unangenehm frisch, ich mache mich direkt auf den Weg in Richtung Klein Fanes. Gleich hinter Pederü beginnt ein zunächst steiler Anstieg am Rand eines gewaltigen Erosionskraters. Besonders schön ist dieser erste Wegabschnitt nicht, am oberen Rand des Kraters lohnt aber der Rückblick nach Pederü. Ich beobachte noch ein paar Minuten den Arbeitseinsatz eines Hubschraubers, der Baumstämme vom Rande der Senneshochfläche ins Tal transportiert. Sicherlich kein billiger Transport; ob sich dieser Holzeinschlag überhaupt lohnt?
Über eine wellige Hochfläche gewinne ich in der Folge nur wenige Höhenmeter und muss sogar wieder ein Stück zur Fahrstraße absteigen. Diese bringt mich dann zwar monton, aber zügig hinauf an den Rand der Klein Fanes. Ich verlasse den direkten Weg zur Lavarelahütte und statte der Faneshütte einen kurzen Besuch ab. Nach der letzten Renovierung erinnert diese aber mehr an ein Hotel als an eine Schutzhütte.
Nur wenige Gehminuten später erreiche ich bereits die Lavarelahütte. Die Hälfte des Anstiegs zur Antoniusspitze habe ich somit bewältigt – Zeit für eine längere Pause im gemütlichen Liegestuhl auf der Sonnenterrasse! Ich genieße nicht nur die angenehme Höhensonne, sondern probiere auch vom hütteneigenen Bier: seit 2019 ist die Lavarelahütte Europas höchstgelegene Brauerei! Mir fehlt es jedoch an einschlägiger Erfahrung und so traue ich mir an dieser Stelle keine abschließende Bewertung des Brauergebnisses zu.
Murmeltiere auf dem Weg zur Antoniusspitze
Oberhalb der Lavaralahütte gehe ich über weite Wiesen und passiere zunächst das Parlament der Murmeltiere: an mehreren Stellen auf der Klein Fanes wirken die gleichmäßig gestuften felsigen Hänge wie die Sitzreihen in einem Amphitheater.
Allerdings sind die Parlamentarier gerade in der Sommerpause und entspannen lieber auf den etwas kühleren Wiesen weiter oben. Ich komme aus dem Fotografieren kaum heraus, denn die meisten Murmeltiere lassen sich von mir kaum stören.
Je höher ich komme, desto steiniger wird der Weg. Bald bleiben die Wiesen und somit auch die Murmeltiere zurück. Zuletzt entlang einer steilen, aber gut gangbaren Schuttflanke erreiche ich das Antoniusjoch. Der Übergang ist nicht allzu breit, wirkt aber Dank einer kleinen Biwakhütte und einem Bildstock überraschend weitläufig.
Nach links zweigt hier beschildert der anspruchsvolle Weg zum markanten Neuner ab, aber ich möchte rechts hinauf zur Antoniusspitze. Eine Beschilderung fehlt gänzlich, aber ich erkenne deutliche Steigspuren und folge diesen zuversichtlich. Aber nach nicht einmal zwei Minuten später wird das Gelände bereits schwieriger und die stabilen Tritte im brüchigen Gestein immer spärlicher – ich habe offensichtlich den Steig verloren. Nachdem ich weder vor noch unter mir irgendwelche Hinweise auf den Steig entdecken kann, steige ich kurzentschlossen steil und direkt zur Hangkante hinauf. Diese spontane Aktion lohnt sich: innerhalb kürzester Zeit bin ich wieder auf dem richtigen Weg. Der weitere Anstieg zur Antoniusspitze birgt dann auch nur noch positive Überraschungen: der Gipfelbereich ist angenehm großzügig und (noch) menschenleer!
Ich suche mir ein schönen Pausenplatz und genieße die umfassende Aussicht: Jenseits des Limojochs der markante Antelao, deutlich näher die erst eine Woche zuvor besuchte Lavarelaspitze, im Norden der breite und wuchtige Seekofel … Inmitten der Dolomiten ist die Antoniusspitze ein ausgezeichneter Aussichtspunkt!
Abstieg durch das Fanestal
Am frühen Nachmittag packe ich meine Sachen langsam wieder zusammen: der Rückweg nach St. Vigil wird noch lange dauern. Beim Abstieg zurück ins Antoniusjoch bleibe ich der Abwechslung halber auf dem Steig. Auch während des steilen Abstiegs aus dem Joch nach Norden, ins Fanestal, bleiben Orientierungsprobleme aus: eine gute Pfadspur führt mich sicher durch das steile Schuttfeld bis zum Latschengürtel. Nach den Grautönen der letzten Stunden schmeichelt das viele Grün den Augen. Ein wenig Aufmerksamkeit ist allerdings geboten: irgendwo muss der Steig zur Ütia da Rit abzweigen. Jeder zusätzliche Abstiegsmeter ist dabei besonders ungünstig, denn umso mehr muss ich wieder aufsteigen.
Endlich erreiche ich den Abzweig und in der Hitze des Nachmittags steige ich an den Fuß der Paresspitze auf. Wunderschön und in leichtem Auf und Ab folgt eine gemütliche Passage hinüber zur Ütia da Rit. Diese erst vor wenigen Jahren errichtete, völlig neue Hütte besitzt eine große Terrasse, die einladend in der Sonne liegt.
Abendsonne am Crusc da Rit
Die Einkehr in der Ütia da Rit bleibt aber kurz, denn mit dem Abstecher zum Crusc da Rit steht noch ein letzter Gipfel für heute auf dem Programm: auf einem steilen Felsen direkt über Wengen steht eine gemütliche Bank. Die Aussicht von dort über das Gadertal ist außerordentlich schön. Ich genieße dort nicht nur meine Brotzeit, sondern ganz besonders auch die warme Abendsonne.
Sackgasse kurz vor St. Vigil
Der Abstieg nach St. Vigil führt mich rasch auf die schattige Nordseite der Bergflanke. Zunächst sind die Steige und Wege noch ganz prima, aber bald folgt eine matschige, steile und somit mühsame Passage. Aber auch diese geht bald vorbei und weit ist es dann nicht mehr nach St. Vigil: bereits bei der Vorbereitung der Tour habe ich einen praktischen Steig auf den Karten entdeckt, der mich direkt zur Mineralquelle am Ortsrand führen wird. Ich verlasse den markierten Steig also an einer Kreuzung und folge einem Wirtschaftsweg, der mich zum Beginn des Steigs bringen wird. Ein wenig stutzig bin ich schon, dass ich kein Schild entdecke, denke mir aber zunächst nichts dabei. Das stellt sich einen Kilometer später jedoch als Fehler heraus, denn ich kann den Beginn des Steigs in einem Windwurfgebiet nicht finden. Nicht schön.
Nach diesem größeren Umweg erreiche ich erst in der Dämmerung den Ausgang des Rautals. Es bleibt noch ein langer Weg bis nach St. Vigil, das ich bereits im Dunklen durchquere. Endlich in der Ferienwohnung angekommen endet der Abend dann ziemlich schnell: die Koffer werde ich erst morgen früh packen …
Fazit
Sehr lang, aber dennoch abwechslungsreich, kurzweilig, genussvoll, aussichtsreich und mehr als lohnend. Weitere Worte sind für diese Tour fast schon überflüssig – ein schöner Abschluss des Urlaubs im Gadertal!
Tourendatum: 4. September 2020
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