Viele Jahre lang habe ich den Peitlerkofel aus allen möglichen Richtungen angeschaut. Dabei ist es allerdings lange Zeit geblieben, denn eine Gelegenheit für eine Besteigung hat sich mir leider bislang nicht geboten. So nutze ich die vergleichsweise kurze Anfahrt von St. Vigil, um endlich bislang Versäumtes nachzuholen. Die Wettervorhersage verspricht herrliches Spätsommerwetter, wird aber sicherlich auch unzählige weitere Gipfelaspiranten aus den Ferienwohnungen und Hotels locken. Der Wecker wird also sehr früh klingeln …
Inhalt
Start bei wolkenlosem Himmel
Eine dichte Wolkendecke hängt über dem Enneberger Tal als ich noch früh am Morgen ins Auto steige. Während der Fahrt nach St. Martin in Thun und weiter hinauf zum Würzjoch wird es aber mit jedem Höhenmeter immer heller – und kurz vor der Passhöhe kommt endlich die Sonne raus! Fünf Minuten später lasse ich das Auto auf dem noch fast leeren Parkplatz ausrollen – und freue mich über die vergleichsweise humane Parkgebühr von lediglich 5 Euro. Gut gelaunt folge ich dem zunächst breiten Fahrweg und erreiche schon nach wenigen Minuten die ersten schönen Aussichtspunkte. Zwei Fotografen sind schon länger da und lassen ihre wahnsinnig teuer aussehenden Kameras automatisiert an Zeitrafferaufnahmen der Morgenstimmung arbeiten. Für die nächste Stunde bleibt das die einzige Begegnung, auch an den Almhütten am Bergfuß ist noch nichts los.
Ich folge dem Weg zur Peitlerscharte entlang der Westflanke. Der Steig ist recht abwechslungsreich und die bereits in der Morgensonne liegenden Aferer Geisler beeindrucken mit ihren steil aufragenden Wänden. Eine Bergspitze erinnert mich dabei an den Kopf eines riesigen Murmeltiers – faszinierend!
Nach einer kurzen Pause an der Peitlerscharte beginne ich den eigentlichen Anstieg. Der Steig ist dabei zunächst sehr angenehm zu gehen, erst im oberen Bereich wird das Gelände etwas steiniger. Am Ansatz des markanten Gipfelaufbaus habe ich viel Platz, um in aller Ruhe mein Klettersteigset anzulegen: der finale Aufschwung ist ein leichter Klettersteig, wird aber sicherlich nicht nur an diesem Tag von vielen anderen ohne jegliche Eigensicherung begangen. Besonders empfehlenswert erscheint mir das nicht zu sein, denn das steil abstürzende Gelände verzeiht keinen größeren Fehler und die Steinschlaggefahr ist auch nicht ganz ohne. Wenige Minuten später habe ich aber alle Schwierigkeiten im Aufstieg sicher hinter mich gebracht und erreiche über ein nur noch mäßig ansteigendes Schuttfeld den überraschend geräumigen Gipfel.
Spatzen statt Alpendohlen am Gipfel
Nach dem überaus sonnigen Start am Würzjoch sind in den letzten ein, zwei Stunden jedoch zahlreiche Wolken aufgezogen. Ich habe also Pech, denn die Aussicht lässt ein wenig zu wünschen übrig. Der böige Wind tut sein übriges, so dass es sogar unangenehm kalt wird: die Gipfelbrotzeit ist heute nicht besonders gemütlich. Dabei vermisse ich die fast schon obligatorischen Dohlen, die für gewöhnlich ihren Teil abhaben wollen. Stattdessen passiert etwas völlig Unerwartetes: ein Schwarm von etwa zwei Dutzend Spatzen erreicht das Gipfelplateau auf seiner Südseite und setzt ohne Zögern zur gemeinschaftlichen Landung an. Das Manöver scheint oft geübt worden zu sein, denn danach geht alles ganz schnell. Perfekt choreographiert schwärmen die Spatzen aus und durchkämmen das Gipfelplateau systematisch nach Brotkrumen. Dabei lassen sie sich von den mittlerweile zahlreichen Gipfelbesuchern kaum stören: sie hüpfen in ihren wie zugeteilt wirkenden Sektoren so gekonnt wie schnell zwischen Beinen hindurch und an Rucksäcken vorbei.
Vor der Rückkehr in die Peitlerscharte statte ich dem Kleinen Peitler einen Besuch ab. Dieser Nebengipfel bietet einerseits einen schönen Blick zum Hauptgipfel, gilt andererseits aber auch selbst als lohnender Aussichtspunkt. Dementsprechend beliebt ist diese Variante, die im Gegensatz zum Peitlerkofel keine technische Schwierigkeiten enthält. Auch heute machen es sich zahlreiche Besucher auf dem steinigen Gipfelbereich so bequem wie möglich.
Umrundung in der Nachmittagssonne
Noch viel mehr los ist allerdings eine halbe Stunde später in der Peitlerscharte: hier kommen fast schon im Sekundentakt Wanderer vorbei, die den Peitlerkofel umrunden wollen. Verdenken kann ich es ihnen nicht, denn die Runde ist wirklich schön! Und da es noch recht früh am Nachmittag ist, reihe ich mich ein und folge den breiten und ausgetretenen Wegen zur Ücia Vaciara. Jenseits der Hütte wird es deutlich ruhiger, denn zahlreiche Ausflügler scheinen dort für eine längere Zeit einzukehren. Die Aussicht ist auch wieder besser geworden, ich freue mich vor allem über den schönen Blick hinüber zur vor wenigen Tagen besuchten Lavarella.
Am Gömajoch wendet sich der Steig endlich nach Westen und ich quere die immer wieder schattige Nordflanke des Peitlers. An der Gömahütte sind die meisten Bänke angenehm leer und ich kehre auf ein leckeres Stück Linzer Torte ein. Der weitere Rückweg ist überraschend abwechslungsreich: sehr kurvenreich quere ich ein früheres Bergsturzgebiet und erreiche wenig später die Almflächen an der Fornellahütte. Die Nachmittagssonne zaubert schöne Farben hervor – und auch die Wolken sind mittlerweile weitgehend verschwunden. Ich hole das Weitwinkelobjektiv heraus und versuche in der folgenden halben Stunde zahlreiche Einstellungen. Das eine oder andere schöne Foto springt auch dabei heraus. Zufrieden mit der Ausbeute gehe ich schließlich den kurzen Weg zum Parkplatz am Würzjoch zurück.
Fazit
Das frühe Aufstehen hat sich mehr als gelohnt: die Steige und Wege rund um den Peitlerkofel sind abwechslungsreich und hinter jeder Biegung gibt es etwas Neues zu entdecken. Fast den ganzen Tag spielte das Wetter mit – schade, dass ausgerechnet während des Gipfelabstechers die Sichtverhältnisse schlechter wurden. Auf der anderen Seite besonders schön fand ich die einfache Höhenwanderung von der Peitlerscharte zum Gömajoch, die wundervolle Ausblicke ins Gadertal und zur Fanesgruppe bietet.
Tourendatum: 3. September 2020
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