Berg-Ge(he)n

Über den Hönig zu den Suwaldspitzen

Die Vordere Suwaldspitze besitzt ein schlichtes, metallenes Gipfelkreuz

Schon einmal wollte ich sowohl die Vordere Suwaldspitze als auch die benachbarte Hintere Suwaldspitze besuchen, im Rahmen einer groß angelegten Überschreitung des Roten Steins. Die scheiterte damals an einem weggerutschten Steig, aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben. Der heutige Versuch wird eine Nummer kleiner ausfallen, schließlich bin ich so gut wie gar nicht in Form …

Lange Anreise nach Berwang

Vor den ersten Schritten steht natürlich erst einmal die Anreise an. Immerhin lässt sich mein heutiger Ausgangspunkt Berwang mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen, allerdings ist die reine Fahrtzeit schon eher an der Grenze der Praktikabilität. Mit knapp drei Stunden von meiner Haustür bis in den kleinen Wintersportort ist das Verhältnis von Touren- zu Reisezeit heute alles andere als optimal. Sicherlich ist das der Preis, immer wieder neue Gipfelziele besuchen zu wollen. Aber das nehme ich hin und wieder gerne in Kauf!

Überschreitung des Hönigs

Der Busfahrer, der mich von Bichlbach nach Berwang bringt, scheint sich über einen Fahrgast zu freuen. Jedenfalls bin ich der einzige – und so ziehen die wenigen Haltestellen auf den letzten Metern meiner Anreise ohne Halt vorüber. Auch in Berwang ist nichts los, der kleine Ort macht einen überaus verschlafenen Eindruck. Mir soll’s recht sein, ich will ja nicht lange verweilen. Schnell bleiben die Häuser zurück und ich folge einem Fahrweg nach Westen. Entlang der gesamten Nordflanke des Hönigs steige ich nur langsam an und kann immerhin die Aussicht auf den Thaneller genießen.

Der Thaneller ist ein vielbesuchter, aussichtsreicher Gipfel
Der Thaneller ist ein vielbesuchter, aussichtsreicher Gipfel

Erst auf der Westseite, entlang einer steilen Skipiste, gewinne ich ernsthaft an Höhe. Immerhin sind hier die Ausblicke besonders schön, vor allem zur mir noch völlig unbekannten Liegfeistgruppe. Sicherlich gibt’s dort auch schöne Tourenmöglichkeiten, ich merke mir das als Recherchethema für einen der nächsten Abende schon mal gedanklich vor.

Die Knittelkarspitze ist die höchste Erhebung der Liegfeistgruppe
Die Knittelkarspitze ist die höchste Erhebung der Liegfeistgruppe

Am oberen Ende der Skipiste angekommen, darf ich mich auf einem flachen Pfad für ein paar Minuten erholen. Nun wieder ganz entspannt erreiche ich die Südwestflanke des Hönigs. Auch von dieser Seite dominieren die steilen Grashänge, über die der steile Pfad in gefühlt endlosen Serpentinen ansteigt. Glücklicherweise dauert es dennoch nicht besonders lange, bis ich am Gipfelrücken ankomme.

Über die steile Wiese führt der Aufstieg zum Gipfelkamm des Hönigs
Über die steile Wiese führt der Aufstieg zum Gipfelkamm des Hönigs

Die verbleibenden Meter bis zum Gipfelkreuz sind schnell absolviert und erstmals treffe ich dort eine nennenswerte Anzahl an Menschen. Diese sind offenbar über das Älpele aufgestiegen, denn ich habe in der letzten Stunde kaum eine menschliche Seele gesehen. Bedauerlicherweise bietet der Gipfelbereich gewissermaßen nur theoretisch ausreichend Platz, denn zahlreiche Pflanzen stehen recht hoch. Ein ruhiges Plätzchen ist somit leider nicht für mich verfügbar. Nach zwei, drei Fotos gehe ich also lieber gleich in Richtung der Vorderen Suwaldspitze weiter.

Botanik am Hönig, aber nach Berwang sieht man dennoch hinunter
Botanik am Hönig, aber nach Berwang sieht man dennoch hinunter

Die Vordere Suwaldspitze bietet viel Ruhe und Einsamkeit

Schon die nächste Graterhebung mit dem Allerweltsnamen Joch bietet immerhin einen kleinen Pausenplatz. Ganz ungestört bin ich dabei allerdings nicht, denn mittlerweile ist der Weg zum Hönig stark frequentiert. Aber macht ja nichts, immerhin kann ich mich zumindest hinsetzen und meine Brotzeit genießen.

Rückblick über den langen Graskamm vom Joch zum Hönig
Rückblick über den langen Graskamm vom Joch zum Hönig

Mit frischen Kräften mache ich mich auf den weiteren Weg zu den beiden Suwaldspitzen. Die Vordere Suwaldspitze kann ich bereits sehen, vermutlich werde ich bald auf ihrem Gipfel stehen. Zuvor steht aber noch ein kurzer Zwischenabstieg in einen Sattel an. Es sind zwar nur etwa 100 Höhenmeter, die dabei verloren gehen – schade finde das aber dennoch. Immerhin ist der kaum begangene Steig auf der anderen Seite der Einschartung leicht zu finden und vergleichsweise gleichmäßig geht’s wieder über schöne Wiesen bergan.

Einsame, schmale Wege führen zur Vorderen Suwaldspitze
Einsame, schmale Wege führen zur Vorderen Suwaldspitze

Ein paar erodierte Passagen gibt es, aber die kann ich sicher passieren. Apropos passieren: der Steig umgeht die Vordere Suwaldspitze, erst später erfolgt der Gipfelzustieg im Sinne der Gehrichtung über die Rückseite. Dieser finale Gipfelaufschwung ist ein Hauch fordernder, denn der Steig verläuft sich. Über Schrofen gibt es viele Möglichkeiten, in Richtung Gipfel hinaufzusteigen. Vermutlich erwische ich nicht die beste Variante, entlang des Grats entdecke ich dann aber wieder gute Steigspuren. Der höchste Punkt liegt verlassen vor mir und bietet zumindest für mich genügend Platz für eine bequeme Pause. Kein Vergleich zum überlaufenen Hönig!

Jenseits des Kamps zeigen sich die Gipfel des Ammergebirges
Jenseits des Kamps zeigen sich die Gipfel des Ammergebirges

Alpine Ausblicke an der Hinteren Suwaldspitze

Von der Vorderen Suwaldspitze ist es nicht weit zur Hinteren Suwaldspitze. Selbstverständlich nehme ich den kurzen Abstecher unter die Füße. War die Vordere Suwaldspitze noch mit Gras bestanden, dominieren zumindest optisch an der Hinteren Suwaldspitze schon mehr die groben Steine. Was auch Zufall sein könnte, ist vermutlich keiner. Denn inmitten der Loreagruppe ändert sich ziemlich genau hier der Charakter: östlich der Hinteren Suwaldspitze, bereits an der benachbarten Steinmandlspitze zeigen sich gewaltige Felsen und auch etwas Schutt. Von zwar lieblichen, aber steilen Bergwiesen ist hier nichts mehr zu sehen.

Der Grat führt zur Steinmandlspitze und weiter zum Roten Stein
Der Grat führt zur Steinmandlspitze und weiter zum Roten Stein

Die Abgeschiedenheit der Hinteren Suwaldspitze ist überraschend hoch. Zwar kann man Personen im Anstieg zum Roten Stein ausmachen, ansonsten wirkt die Zivilisation sehr weit weg. Positiver formuliert: egal, in welche Richtung ich auch schaue, es gibt wirklich nur Berge zu sehen. Ich finde das einfach großartig!

Blick von der Hinteren zur Vorderen Suwaldspitze
Blick von der Hinteren zur Vorderen Suwaldspitze

Rückweg über das Älpele

Für den Abstiegsweg überlege ich noch, einen möglicherweise vorhandenen, in Karten nicht verzeichneten und offenbar ziemlich wilden Steig auszuprobieren. Dieser scheint vom Beginn des Verbindungsgrats zur Steinmandlspitze direkt in Richtung Älpele zu verlaufen. Ich kann einzelne Passagen von oben einsehen, verzichte dann aber doch. Heute ist mir nicht danach, hier auf bloßen Verdacht abzusteigen und dann gegebenenfalls doch wieder aufsteigen zu müssen. Meine Abenteuerlust hat wohl in den letzten Jahren etwas gelitten …

So viele (mir) unbekannte Gipfel hinter dem Hohen Schrofen
So viele (mir) unbekannte Gipfel hinter dem Hohen Schrofen

Guten Gewissens schlage ich lieber den bekannten Weg an der Vorderen Suwaldspitze vorbei ein. Zügig erreiche ich die Einsattelung und folge nun dem bestens markierten Weg hinunter ins Älpele. Von dort kann ich übrigens die vermeintliche Abkürzung im Gelände kaum bis gar nicht ausmachen und bin somit sehr zufrieden mit meiner Entscheidung.

Aus dem Älpele geht der Blick über Berwang zum Thaneller
Aus dem Älpele geht der Blick über Berwang zum Thaneller

Der weitere Weg in Richtung Gröben entlang des Älpelesbachs ist weitgehend unspektakulär. Das ist aber nicht immer so, denn die steilen Hänge links und rechts lassen erahnen, dass hier noch bis in den Frühsommer hinein Lawinen abgehen und den Weg verlegen können. Jetzt, Mitte August, ist aber längst der Schnee geschmolzen und so gelange ich ohne Hindernisse zurück nach Berwang. Die Wartezeit auf den Bus ist erträglich, immerhin. Die Rückfahrt wird noch so oder so lang genug werden …

Ein Lawinenzug im Älpelesbachtal
Ein Lawinenzug im Älpelesbachtal

Fazit

Es ist schon lange her, dass ich so viele mir unbekannte Berge an einem einzigen Tag gesehen habe. Ich werde unbedingt wiederkommen und die Gegend rund um Berwang genauer erkunden – trotz der langen Fahrtzeiten! Am Hönig war zwar recht viel los, aber die Einsamkeit rund um die Vordere Suwaldspitze haben mir ausgesprochen gut gefallen. Die Tour kann ich guten Gewissens weiterempfehlen!

Tourendatum: 15. August 2024

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