Zahlreiche Veranstaltungen sind in diesem Jahr wegen Covid-19 ausgefallen. Auch das Bergfilm-Festival Tegernsee wurde bereits früh abgesagt. Das Organisationsteam hat es sich allerdings nicht nehmen lassen, ein Lebenszeichen von sich zu geben: mit einem strengen Hygienekonzept und vor nur wenigen Zuschauern sind im Oktober einige der besten Filme der Vorjahre noch einmal gezeigt worden. Ich konnte eines der sehr wenigen Tickets für eine Vorstellung ergattern!
Das Tegernseer Bergfilmfestival ist in normalen Jahren ein Besuchermagnet. Das kleine Städtchen am gleichnamigen See quillt dann für ein Wochenende noch mehr über als an den anderen Oktoberwochenenden: neben den vielen Ausflüglern sind dann zahlreiche Film- und Bergfans zwischen den zahlreichen Veranstaltungsorten unterwegs. In diesem Jahr ist allerdings alles anders: als ich am Bahnhof aus dem Zug steige und ins Ortszentrum gehe, ist nichts los. Vor dem Ludwig-Thoma-Saal herrscht genauso gähnende Leere wie im Saal selbst: trotz nur etwa 35 Zuschauern ist die Veranstaltung allerdings ausverkauft.
Inhalt
A Sleepless Night – Nuit blanche
Der erste (Kurz-) Film handelt von einer einzigen Nacht, in der eine kleine Gruppe von Bergsteigern in den französischen Alpen in einen Schneesturm gelangt. In der Rettungsleitstelle nimmt Serge den Notruf von Ariane an und koordiniert den Rettungseinsatz. Auch als die Bergretter im immer stärker werdenden Bergsturm umkehren müssen, spricht er trotz der kaum mehr Hoffnung versprechenden Situation Ariane Mut zu.
Der Film überzeugt vor allem durch die Leistung der Sprecherin der Ariane – und geht dabei unter die Haut! Der Film des belgischen Regisseurs Samuel Tilman wurde übrigens beim Bergfilm-Festival 2011 ausgezeichnet.
Still alive – Drama am Mount Kenya
Das Regiedebüt von Reinhold Messner behandelt eine der beiden bekannten Bergunfälle des Jahres 1970. Nachdem Reinhold Messner beim Unfall am Nanga Parbat selbst beteiligt war (und dabei seinen Bruder verlor), verfilmte er vor wenigen Jahren die Rettung von Gert Judmaier vom Mount Kenya. Die Geschichte hat er aus erster Hand erfahren, denn kurioserweise teilten sich beide nach ihrer Rettung in Innsbruck ein Zimmer im dortigen Universitätsklinikum.
Wir waren jung, wir waren stark … und außerdem Tiroler!
Beim Abstieg vom höchsten Gipfel des Mount Kenia stürzt der junge Tiroler Arzt und ambitionierte Bergsteiger Gert Judmaier mit einem ausbrechenden Fels mehr als zehn Meter in die Tiefe. Er überlebt, aber der offene Bruch des Unterschenkels kommt faktisch einem Todesurteil gleich. Sein Freund und Kletterpartner Oswald Bulle Oelz steigt alleine weiter ab und organisiert am Bergfuß Hilfe. Als er zwei Tage später zur Absturzstelle zurückkehrt, lebt zu seiner Überraschung Judmaier noch. Erst viele Tage später wird seine unglaublich erscheinende Rettung Dank der Hilfe der Innsbrucker Bergrettung gelingen …
Einblicke in die Zusammenarbeit mit Reinhold Messner
Nach der Filmvorführung bittet Michael Pause einen Mitwirkenden auf die Bühne: der Tegernseer Ewerhard Engels war als Produzent bei Reinhold Messners Regiedebüt hautnah dabei. Zwischen seinen Worten lässt sich leicht raus hören, dass Messner beim Dreh offenbar sehr willensstark gewesen sei und seine für die Filmwelt ungewohnten Vorstellungen trotz fehlender Erfahrung rigoros umgesetzt habe. Dem Film hat es, so finde ich, nicht geschadet. Das hat übrigens beim Bergfilm-Festival 2017 die Jury auch so gesehen und den Film mit dem Großen Preis der Stadt Tegernsee ausgezeichnet.
Fazit
Die beiden gezeigten Filme könnten kaum unterschiedlicher sein, auf ganz verschiedene Weisen nähern sie sich dem Themen Bergunfall und Bergrettung an. Eindrucksvoll und sehenswert sind beide! Vielen Dank an das Organisationsteam, das trotz der starken Einschränkungen in diesem außergewöhnlichen Jahr dieses Lebenszeichen möglich gemacht hat!
Ich freue mich schon auf das nächste Bergfilmfestival in Tegernsee – dann hoffentlich wieder mit vielen Filmen und vollen Sälen!
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