Berg-Ge(he)n

Über den Maurersteig zum Katzenkopf

Nach dem erfolgreichen Urlaubsstart mit der schönen Tour zum Kompar folgen erst einmal einige verregnete Tage. Als die Wettervorhersage für einen einzelnen Tag einigermaßen gutes Bergwetter verspricht, hält mich natürlich nichts zuhause: schon seit einigen Jahren steht mit dem Vorderen Igelskopf ein so einsames wie unbekanntes Gipfelziel auf meiner Agenda. Pünktlich stehe ich um 6:20 am Gleis 27 des Münchner Hauptbahnhofs – heute ist es soweit!

Die Bahn spielt nicht mit

Wer allerdings nicht da ist, ist der planmäßige wenige Minuten später fahrende Zug nach Garmisch-Partenkirchen. Dieser wird verspätet bereit gestellt und häuft auch während der Fahrt immer mehr Verspätung an. Das wäre an Wochenenden nicht so tragisch, denn ein Zugteil würde weiter nach Ehrwald fahren. An Werktagen sieht die Sache aber schon anders aus, denn dann fährt der Zug ins Außerfern erst in Garmisch-Partenkirchen los. Und wenig überraschend verpasse ich diesen Anschluss deutlich. Und da am späteren Nachmittag das Wetter bereits wieder schlechter werden soll, warte ich auch nicht auf den folgenden Zug, sondern überlege mir eine Alternative. Die ist auch schnell zur Hand: den Maurersteig zum Königstand wollte ich schon immer mal erkunden. Und so laufe ich auf meinem gewohnten Weg durch den Garmischer Ortsteil an den Fuß des Kramers. Ich quere den Kramerplateauweg und erreiche wenig später auf wohlbekannten Wegen den Kellerleitensteig. Nachdem die Sonne entgegen aller Prognosen immer noch nicht zu sehen ist, entscheide ich mich, vor dem Einstieg in den Maurersteig noch eine längere Frühstückspause einzulegen: der Steig ist sehr steil und Ausrutscher sollten besser vermieden werden. Da wäre es durchaus passend, wenn endlich die Sommersonne rauskommen und den Hang etwas durchtrocknen würde. Es muss eigentlich jede Minute soweit sein.

Abgründe am Maurersteig

Ich lasse mir bei meinem zweiten Frühstück ausgiebig Zeit – aber es hilft nichts: die Sonne bleibt hinter dichtem Nebel verborgen. Nach einer halben Stunde breche ich dann doch auf: ich kann ja nicht den ganzen Tag auf der unbequemen, etwas feuchten Bank sitzen bleiben. Auf dem Weg zum Einstieg in den Maurersteig begegnet mir eine lautstarke Seniorenwandergruppe. Ich bin fast schon glücklich, nicht in ihrer Richtung unterwegs zu sein, aber es dauert noch ein paar Kurven, bis ich die Gruppe nicht mehr hören kann. Und kurz darauf entdecke ich auf Anhieb den etwas versteckten Beginn des Maurersteigs, der weder beschildert noch markiert ist. Steil steige ich den Hang hinauf – und warte immer noch auf die Sonne. Noch macht mir das nichts aus, denn im moderaten Gelände ergeben sich einige Möglichkeiten zu stimmungsvollen Nebelbildern.

Ein Sommertag im Werdenfelser Land?

Und dann wird’s ernst: die steinschlaggefährdete Passage passiere ich zügig und problemlos – kurz darauf wird’s richtig steil. Der Steig ist gut angelegt, aber von Gräsern überwachsen und nach den Regentagen sehr nass und glitschig. Keine angenehme Sache und ich bin dankbar für die Stöcke, die ich für den durchaus alpinen Vorderen Igelskopf mitgenommen hatte und mir auch in diesen niedrigen Lagen nun gute Dienste leisten. Wenige Höhenmeter weiter erreiche ich unangenehm ausgesetzte Passagen. Es ist fast schon überflüssig zu erwähnen, dass natürlich gerade in diesem Moment der meist dichte Nebel sich geringfügig lichtet und einen Blick in die Tiefe freigibt. Ich verzichte jedoch schweren Herzens auf ein beeindruckendes Foto und konzentriere mich stattdessen lieber auf die sichere Passage am Rande des gähnenden Abgrunds. Nach einigen dutzend Metern erreicht der Steig für einen kurzen Moment wieder einfacheres Gelände und nach der folgenden, seilversicherten Stelle stehe ich erneut über Absturzgelände. Sobald sich der schmale Steig um eine Felsnase herumgewunden hat, vermittelt mir der eine oder andere dünne Baumstamm eine trügerische, aber angenehme und willkommene Sicherheit. Mit jedem weiteren Höhenmeter wird dann alles einfacher und auf einem Geländeabsatz mache ich eine Pulsberuhigungspause.

Für einen kurzen Moment reißt im Maurersteig die Wolkendecke auf

Der weitere Weg zum Königstand ist dann zwar steil, aber weitgehend einfach. Das dichte, immer noch sehr feuchte Gras macht mir somit keine Sorgen mehr, auch wenn meine Hose mittlerweile bis zu den Knien ordentlich nass ist. Einige steile Rampen später erreiche ich dann auch schon den Königstand, wo zumindest kurz die Sonne rauskommt. Allerdings während meiner Brotzeit, so dass es davon keine Fotos gibt. Unverhofft gibt es auch ein Wiedersehen mit der offenbar über den Reitweg aufgestiegenen Rentnergruppe – gar nicht so einfach, von deren Trubel und Unruhe äußerlich unbeeindruckt sitzen zu bleiben und trotzdem die Rast zu genießen.

Der Königstand ist für seine Aussicht bekannt – aber nicht heute …

Nachdem es ja noch früh am Tag ist, wird die Pause immer länger. Irgendwann erinnere ich mich an einen kürzlichen Blogartikel von Rebecca, auf der sie ihren Zustieg zum Königstand über den mir noch unbekannten Schwarze-Wand-Steig beschreibt. Beim Lesen verwerfe ich den Gedanken, dort abzusteigen schnell wieder: dieser Steig dürfte genauso wie der Maurersteig vor allem für den Aufstieg geeignet sein, gerade bei den heutigen Verhältnissen. Aber ich finde noch mehr Informationen, nämlich zu einem alten Steig zum Katzenkopf. Das wäre jetzt genau die richtige Fortsetzung – schnell ist der Rucksack wieder gepackt, los geht’s!

Von hinten auf den Katzenkopf

Den Einstieg finde ich dank Rebeccas guter Beschreibung auf Anhieb: steil an der Seite einer nahegelegenen Felsflanke tauche ich in die meist dichten Latschen ein. Oberhalb der Felswand wird der Steig sehr matschig und eine erdige Steilstufe erklimme ich nur dank einiger Hartnäckigkeit. Wenig später folgt eine flache Passage oberhalb steiler Felswände. Meistens sorgen dichte Latschen für optische Sicherheit, es gibt aber auch einige Löcher mit schaurigen Tiefblicken. Bald geht es aber wieder aufwärts über zahlreiche Stufen. Immer wieder denke ich mir, der folgende Aufschwung könnte schon der Gipfel sein. Aber weit gefehlt, immer wieder kommt der nächste Absatz in den Blick. Wenigstens zeigt sich nun die Sonne. Endlich!

Der Gipfel könnte schon nah sein – ist es aber nicht …

Ich habe längst aufgehört zu zählen, wie viele Geländeabsätze ich bereits erklommen habe, als ich dann etwas überraschend doch am höchsten Punkt des Katzenkopfs ankomme. Passenderweise ziehen nun wieder viele Wolken direkt über den Gipfel, so dass ich den imposanten Tiefblick in den Garmisch-Partenkirchener Talkessel nur sehr selten genießen kann. Wenigstens ist nicht viel los, nur ein ebenso einsamer Schwalbenschwanz leistet mir am Gipfel Gesellschaft.

Ein Abstecher zum oberen Ende seines Lebensraums?

Der teuerste Heidelbeerpfannkuchen aller Zeiten

Der Katzenkopf gehört eigentlich zum Kramer und geht kaum als eigenständiger Gipfel durch. Durch die vielen Wolken kann ich aber keinen einzigen Blick erhaschen, weder zum Hauptgipfel und auch nicht zum vorgelagerten Mittergern. So fällt die Pause zur Abwechslung kurz aus und ich mache mich an den Abstieg. Zum ersten Mal überhaupt steige ich über den Kramersteig ab, den ich sonst nur vom Aufstieg kenne. Ich komme gut voran und erreiche bald den bequemen Reitsteig. Kehre für Kehre folgt – und ich freue mich über die nun immer besser werdende Aussicht. Sogar ein Foto von der bekannten Felsenkanzel ist auf einmal drin.

Am Nachmittag setzt sich endlich die Sonne durch

Je tiefer ich komme, desto wärmer und sonniger wird’s. Ich beschließe also, auf ein Stück Kuchen und ein Spezi im Berggasthaus St. Martin einzukehren. Es ist sogar noch ein Tisch frei, aber der Kuchen ist schon aus. Die Bedienung macht ordentlich Werbung für den Heidelbeerpfannkuchen – den ich dann auch spontan ordere. So lecker der übersichtliche Pfannkuchen auch ist, so groß ist die Überraschung beim Bezahlen: Spezi und Pfannkuchen sind nur geringfügig günstiger als mein Werdenfelsticket. Nun ja, so schnell werde ich wohl weder auf eine Einkehr wiederkommen noch die gute Lage weiterempfehlen …

Fazit

Der Tag war so ganz anders als gedacht: anderes Wetter als vorhergesagt, anderer Gipfel als geplant. Dennoch eine sehr spannende und schöne Tour, auch wenn ich den Maurersteig bei Nässe definitiv nicht weiterempfehlen kann! Und der Besuch des Vorderen Igelskopfs hat einige Wochen später dann doch noch geklappt …

Tourendatum: 25. August 2021

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